american pie
: Frohe Weihnachten in St. Louis und Nashville

Der Football-Spaß beginnt

With no time left to start again

Manchmal kann es sich durchaus lohnen, ein wichtiges Sport-Match Weihnachten auszutragen. Möglicherweise gibt es ja unverhoffte Geschenke. Ein solches erhielten die St. Louis Rams am Heiligabend in New Orleans. Eigentlich war die letzte Partie des Super Bowl-Gewinners 2000 in der regulären Saison als Untergangs-Szenario angelegt, aber dann erwies sie sich doch nur als Generalprobe für das Playoff-Match der National Football League (NFL) am kommenden Samstag an gleicher Stelle.

Die Rams besiegten New Orleans nämlich nicht nur mit 26:21, sondern durften wenige Minuten danach aus der Ferne miterleben, wie die Chicago Bears durch ein Field Goal zwei Sekunden vor Schluss gegen die Detroit Lions gewannen. Durch diese vorweihnachtliche Fügung blieb St. Louis das Schicksal erspart, als zehnter Super Bowl-Sieger gleich im folgenden Jahr die Playoffs zu verpassen, und flugs avancierte das Team schon wieder zu einem Favoriten für die Meisterschaft.

„Der Weg zur Super Bowl führt nur über St. Louis“, tönte, kaum dem Absturz entronnen, Rams-Safety Keith Lyle – eine Einschätzung, der Saints-Coach Jim Haslett aber durchaus zustimmte: „Wo immer du hin willst, du musst an diesem Team vorbei“. Das gilt natürlich in besonderem Maße für seine Mannschaft, die noch in der letzten Saison lediglich drei Spiele gewonnen hatte und wegen ihres seltenen Auftretens in den Playoffs gern als New Orleans Ain‘ts bezeichnet wird. Im November hatten sie gegen St. Louis gewonnen, diesmal konnten sie jedoch vor allem Running Back Marshall Faulk nicht stoppen, der 220 Yards erlief und drei Touchdowns schaffte. Selbst der Ausfall von Quarterback Kurt Warner, Schlüsselfigur beim Titelverteidiger, wegen einer Gehirnerschütterung konnte die Rams nicht aus dem Takt bringen. Reservist Trent Green spielte die Partie gegen die gefürchtete Saints-Defense souverän zu Ende.

Am Samstag wird Warner im Superdome von New Orleans wieder dabei sein. „Dieses Match werde ich nicht verpassen“, versicherte der beste Akteur der letzten Super Bowl, der ebenso wie seine Kollegen zuversichtlich ist, dass der Weg des Teams über Louisiana, New York und eine weitere Auswärtsstation schnurstracks nach Tampa in Florida führen wird, wo am 28. Januar die Super Bowl statt findet. „Mensch, das Ding ist völlig offen“, sagt Rams-Coach Mike Martz über die Playoffs einer NFL-Saison, die ein wenig der hiesigen Bundesliga ähnelte: Viele Überraschungen, große Ausgeglichenheit und an der Spitze einige Teams, die dort niemand erwartet hat.

So ist es wenig verwunderlich, dass eine Mannschaft wie die St. Louis Rams, die bloß als Nummer sechs in der Setzliste der National Football Conference (NFC) rangiert, mit am höchsten gehandelt wird, während die Nummer eins, die New York Giants, als eher chancenlos gilt. In der NFC spielen in den Wildcard-Games außer St. Louis (6) und New Orleans (3) die Tampa Bay Buccaneers (5) bei den Philadelphia Eagles (4), der niedriger gesetzte Sieger muss eine Woche darauf zu den New York Giants, der andere zu den Minnesota Vikings.

Auch in der American Football Conference (AFC) ist der Nummer sechs, den Indianapolis Colts, noch eine Menge zuzutrauen. Dass mit dem Top Team der AFC jedoch zu rechnen ist, dass bewiesen die Tennessee Titans am Montag eindrucksvoll mit ihrer 31:0-Abfuhr für die Dallas Cowboys. Die Titans dürfen sich zum Dank für ihre beeindruckende Vorstellung gegen das „Team der Neunziger“ aus Texas am nächsten Wochenende ausruhen und haben dann Heimrecht bis zum Finale. Am 6. oder 7. Januar bekommen sie es zunächst mit dem niedriger gesetzten Wildcard-Sieger zu tun, was Indianapolis sein könnte, das am Samstag bei den Miami Dolphins (3) antritt. Im zweiten Match der AFC gastieren Silvester die Denver Broncos (5) bei den Baltimore Ravens (4), der höher eingestufte Sieger der beiden Partien bekommt es am 6. oder 7. Januar mit den Raiders aus Oakland (2) zu tun.

Das Team der Stunde sind jedoch die Titans, die mit ihrem Shutout gegen Dallas den 13. Sieg einfuhren, zum besten Team der Saison avancierten und Baltimore zudem den Titel des stärksten Defensivteams weg schnappten. Über „sehr fröhliche Weihnachten in Tennessee“, freute sich Titans-Linebacker Keith Bulluck, und Coach Jeff Fisher meinte: „Jetzt beginnt der Spaß.“ St. Louis Rams gegen Tennessee Titans, so hieß die Besetzung der Super Bowl 2000, und es wäre keineswegs erstaunlich, wenn es auch 2001 darauf hinaus liefe. Diesmal aber, davon ist zumindest in Nashville so ziemlich jeder überzeugt, mit einem anderen Sieger. MATTI LIESKE