Arbeit unter der Dusche

■ Stadt will mehr Telearbeitsplätze einrichten. Gewerkschaften stimmen zu

Am Anfang ist Harald Wendler sogar aus der Dusche herausge-sprungen, wenn zu Hause das „Diensttelefon“ klingelte. Das hat sich der Angestellte im Öffentlichen Dienst mittlerweile abgewöhnt – und ist zufrieden damit, 70 Prozent seiner Arbeit als Webdesigner zu Hause zu erledigen. Nach „erfolgreicher Erprobung“ der Telearbeit will die Stadt diese ab dem 1. Januar in einem vierjährigen Modellprojekt für alle Verwaltungs-MitarbeiterInnen ausweiten, deren Job geeignet ist. Ein entsprechendes Konzept unterzeichneten gestern Senat, DGB, DAG und Deutscher Beamtenbund.

Finanzsenatorin Ingrid Nümann-Seidewinkel (SPD) nennt die Vorteile der Telearbeit: Die MitarbeiterInnen können sich ihre Arbeit individuell einteilen, produktive Phasen besser nutzen, die Arbeitszufriedenheit steigt, und die Stadt kann Büroraum sparen. Horst Weidemann vom Beamtenbund hofft, dass durch Telearbeit mehr Schwerbehinderte ins Berufsleben integriert werden und sich Familie und Beruf besser vereinbaren lassen.

„Nebenbei ein Kind zu beaufsichtigen klappt aber nicht“, sagt Nümann-Seidewinkel – was Harald Wendler bestätigen kann: Er arbeitet beispielsweise, wenn seine Kinder in der Schule sind oder sonstwie betreut werden. Der Vorteil: „Ich kann zwischendurch mit den Kindern Mittag essen.“ Allerdings sei es manchmal schwer, ein Ende bei der Arbeit zu finden – „zumal man zu Anfang natürlich beweisen wollte, dass man nicht nur auf dem Sofa liegt“. Jetzt hat Wendler sich ein Limit gesetzt: Nach Mitternacht ist Feierabend.

Nicht alle Arbeitsplätze sind allerdings für Telearbeit geeignet. BewerberInnen müssen laut Senat „IT-Kompetenz, Verantwortungsbewusstsein und Kommunika-tionsfähigkeit“ mitbringen – weshalb bisher nur HochschulabsolventInnen telearbeiten. Weidemann will diese Möglichkeit aber nun auch verstärkt für „normale Kollegen“ und in Stellen mit Publikumsverkehr ausweiten – immer auf freiwilliger Basis natürlich. Die Finanzbehörde etwa prüft derzeit, ob die Arbeit in der Telefonzentrale von zu Hause erledigt werden kann. „Die Debatte, ob Telearbeit möglich ist oder nicht“, sagt Carlos Sievers vom DGB, „soll ganz bewusst in den Dienststellen laufen“. hedi