RWE lässt Biblis länger strahlen

Stromkonzern will Restlaufzeit für Block A offenbar voll ausschöpfen. Dank des hessischen CDU-Umweltministers Dietzel rechnet sich der Betrieb noch: Notwendige Sicherheitssysteme müssen erst Ende nächsten Jahres eingebaut werden

aus Frankfurt KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

Trotz aller Pannen in den letzten drei Monaten und trotz der Kosten für diverse Nachrüstungsmaßnahmen, deren Realisierung der hessische Umweltminister Wilhelm Dietzel (CDU) noch kurz vor Weihnachten genehmigt hat, hält die RWE Power AG weiter an Biblis Block A fest. Der 1974 gebaute „Schrottmeiler“, wie ihn die Grünen nennen, der 1988 knapp am GAU vorbeigeschrammt ist, soll offenbar noch bis zum Ende der im so genannten Atomkonsens festgelegten Laufzeit von 30 Jahren Strom produzieren. Bislang glaubten der BUND, der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) und die hessischen Oppositionsfraktionen von SPD und Bündnisgrünen, dass sich RWE aus ökonomischen und ökologischen Gründen vorzeitig von Biblis A trennt und die gewonnene Restlaufzeit anderen RWE-Atomkraftwerken gutgeschrieben wird. Immerhin liegt der Reaktor wieder für Monaten still: wegen der Jahresrevision und wegen Rissen in Schweißnähten.

Der Altmeiler rechnet sich offenbar noch für die RWE Power AG. Denn Umweltminister Dietzel war gnädig. Erst während der Revision im nächsten Jahr muss RWE mit der Realisierung der genehmigten sieben „sicherheitstechnisch erforderlichen Nachrüstungsmaßnahmen“ beginnen. Dabei geht es um Änderungen in den Hochdruckleckageleitungen und an Schleuseneinrichtungen im Reaktorgebäude und im Hilfsanlagengebäude. Für die Umweltschützer sind das „Peanuts“. Die großen teuren Brocken, wie der schon 1990 von einem CDU-Umweltminister geforderte Bau einer verbunkerten Notstandswarte, bleiben RWE auch diesmal erspart.

Eduard Bernhard vom Vorstand des BBU hält den Block A auch nach der Umsetzung der Nachrüstungsmaßnahmen Ende 2001 für „grundlegend marode“. Er gehöre sofort abgeschaltet. Der Landesgeschäftsführer des BUND Hessen, Michael Rothkegel, hält es für „verantwortungslos“, angesichts der Serie von Störfällen und meldepflichtigen Ereignissen das AKW Biblis nicht sofort stillzulegen.

Dietzel räumt ein, dass es sich bei den letzten Genehmigungen nur um einen Teil der Maßnahmen handele, die er für erforderlich hält, um Biblis A „auf das bestmögliche Sicherheitsniveau zu bringen“. Er kündigte die „zügige Abarbeitung“ aller Auflagen zur Sicherheitsnachrüstung von 1990 und 1991 an. Termine dafür nannte er aber nicht.

Die verbunkerte Notstandswarte, aus der heraus die Reaktoren A und B im Fall eines drohenden GAUs abgeschaltet werden könnten, ist Bestandteil dieser knapp 50 Sicherheitsmaßnahmen, deren Umsetzung der damalige hessische Umweltminister Weimar (CDU) für „dringend notwendig“ erachtete. Die Baukosten für die Notstandswarte werden auf mehr als 100 Millionen Mark geschätzt. Das würde die Kalkulation von RWE durcheinander bringen. Eine Investition, die sich wohl nicht mehr rechnet. Denn die maximale Restlaufzeit für den Reaktor beträgt nur noch acht Jahre.

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