Ausgesprochen ruhiger Wahnsinn

■ Viele junge Menschen durch Feuerwerkskörper verletzt: allein in Wandsbek vier kaputte Hände – Tote bei Wohnungsbrand – Afrikaner mit Signalmunition beschossen

Probleme mit illegal eingeführten Sprengkörpern aus osteuropäischen Ländern in der vergangenen Silvesternacht seien ihm „nicht bekannt“, berichtet Feuerwehrsprecher Peter Mummert. Doch schon der Umgang mit legal zugelassenen Silvesterknallern führte in Hamburg und Schleswig-Holstein zu vier schweren Unfällen.

So hatte sich am Silvesterabend gegen 20 Uhr ein junger Mann in Harburg Hand und Finger aufgerissen, weil er einen Böller in der Hand behielt. Ebenfalls in Harburg wurde am frühen Neujahrsmorgen einem 12-jährigen Jungen der Unterarm abgerissen, weil er in die Schusslinie einer Vogelschreckschusspistole geriet.

Schon am Sonntagnachmittag war bei einem Unfall mit Feuerwerkskörpern in Lütjenwestedt ein Jugendlicher schwer verletzt worden. Wie ein Polizeisprecher sagte, wurden dem jungen Mann bei der Explosion einer selbst gebastelten Rohrbombe die Fingerkuppen der linken Hand abgerissen. Der Schüler hatte Schwarzpulver aus aufgeschnittenen Kanonenschlägen in ein Kupferrohr gepresst und mit einem Hammer darauf geschlagen. Auch in Quickborn wurden einem 13 Jahre alten Jungen beim Böllern drei Finger abgerissen.

Insgesamt war der Wechsel für Polizei und Feuerwehr in Hamburg und Schleswig-Holstein aber „ausgesprochen ruhig“, wie ihre Sprecher betonten. In Hamburg rückte die Feuerwehr von 18 Uhr am Silvesterabend bis morgens um sechs Uhr insgesamt 830 mal aus. Das Gros der Einsätze waren kleinere Brände und leichte Verletzungen. Bei einem Wohnungsbrand in Horn starb eine Frau an Rauchvergiftung. In Wilhelmsburg wurde eine weitere Frau schwer verletzt, als sie unter einen HVV-Bus geriet.

Reichlich zu tun hatten in der Neujahrsnacht die Hamburger Kliniken, wie Siegmar Eligehausen vom Landesbetrieb Krankenhäuser mitteilte. In den Notfallaufnahmen der Krankenhäuser Altona, St. Georg und Barmbek wurden je an die 100 Personen eingeliefert, darunter auch viele Opfer erhöhten Alkohol- und Drogenkonsums sowie nächtlicher Schlägereien. Auch in den Krankenhäusern wurden zahlreiche Verletzungen durch Knaller registriert, darunter, so Siegmar Eligehausen, auffällig viele jüngere Menschen.

Zwei Afrikaner im Alter von 21 und 33 Jahren sowie eine 20-jährige Frau, die ein kleines Kind auf dem Arm trug, wurden, als sie an einer Gruppe von sieben Personen vorbei gingen, mit ausländerfeindlichen Sprüchen bepöbelt, verfolgt und mit Signalmunition beschossen. Die Opfer verständigten die Polizei, die einen 27-jährigen Verdächtigen festnehmen konnte. Verletzt wurde niemand. taz/lno