Der Flop des Jahrtausends

Im Vergleich zum Vorjahr verlief der Jahreswechsel unspektakulär. Zur Silvestermeile kamen deutlich weniger Besucher als erwartet. Polizei und Feuerwehr mussten selten raus. Trotzdem mehr Verletzte

von PLUTONIA PLARRE

Das neue Jahrtausend hat endlich begonnen. Doch die laut Statistikern einzig wahre Millenniumsfeier war in Berlin ein Flop. Zum offiziellen Fest zwischen Siegessäule und Brandenburger Tor kamen deutlich weniger Besucher als erwartet. Auch im Rest der Stadt blieb es in der Silvesternacht vergleichsweise ruhig.

Die Zahl der Feuerwehr- und Polizeieinsätze hielt sich in Grenzen. Und es scheint fast so, als ob weniger geknallt worden sei als in den Vorjahren. Die Mehrzahl der Berliner hat den Jahreswechsel mit privaten Partys begangen.

Zur offiziellen Silvestermeile soll nach Angaben von Veranstalter und Polizei zwar eine Million Besucher gekommen sein. Doch das wären nicht nur schon 500.000 weniger als erwartet und gar nur halb so viele wie im vergangenen Jahr. Die entspannte Situation vor Ort lässt zudem vermuten, dass noch weit weniger kamen. Im Vergleich zu Love-Parade-Zeiten war der Tiergarten nur gering bevölkert, und auch die Straße des 17. Juni war begehbar, ohne dass man Angst haben musste, zerquetscht zu werden. Bei den Händlern führte dies zum Teil zu langen Gesichtern, denn es gingen weit weniger Brezeln und Bratwürstchen weg, als vorrätig waren. Nur am Großen Stern und am Pariser Platz war es gegen Mitternacht richtig voll.

An Letzterem endete kurz vor Mitternacht „Der Anachronistische Zug“. Der rollenden Theateraufführung von Bertolt Brecht und Kurt Weill hatte sich auch die 77-jährige Brecht-Tochter, Hanne Hiob, angeschlossen.

Dass der Jahreswechsel deutlich ruhiger als vormals verlief, bestätigt auch die Zahl der Funkwageneinsätze. Die Polizei zählte knapp 2.000 Einsätze, 300 weniger als im Vorjahr. Bei der Feuerwehr gingen 4.100 Notrufe ein, vor einem Jahr waren es doppelt so viele. In 1.840 Fällen musste zu Einsätzen ausgerückt werden. Das Computersystem der Feuerwehr, das beim vergangenen Jahreswechsel ausgefallen war und ein heilloses Chaos verursacht hatte, habe diesmal problemlos gearbeitet, heißt es.

Trotz der offensichlichen Ruhe stieg die Zahl der Verletzten. 51 Menschen – 10 mehr als im Vorjahr – wurden beim Hantieren mit Feuerwerkskörpern verletzt. Ein 24-Jähriger verlor dabei zwei Fingerkuppen und ein 27-Jähriger zwei ganze Finger. Bei Schlägereien und Streitigkeiten wurden 111 Personen verletzt, 35 mehr als vor Jahresfrist. 5 Personen mussten mit Stichverletzungen ins Krankenhaus.

Ein wenig Unruhe gab es auch in Moabit. Wie jedes Jahr zu Silvester marschieren Anhänger der autonomen Linken zur Untersuchungshaftanstalt Moabit, um den Gefangenen „Power durch die Mauer“ zu schicken. Doch diesmal hat der Zug Verspätung, weil der Lautsprecherwagen nicht pünktlich ist. Die Polizei versucht, die Zeit zu nutzten, um die rund 100 vornehmlich jungen, schwarz gekleideten Versammlungsteilnehmer einer Kontrolle auf „pyrotechnische Gegenstände“ zu unterziehen. Man fühlt sich schikaniert. Es kommt zu kleinen Rangeleien. Die Reibereien setzen sich später vor dem Knast fort. Die Polizisten verhindern, dass die Abschlusskundgebung auf der Straße abgehalten wird, und bekommen dafür Feuerwerkskörper zwischen die Beine geworfen. Die Antwort sind vereinzelte Festnahmen.