Noch mehr Auswurf Gottes

Prominente, lasen wir kürzlich, sind wie Kotze – eine notwendige Fortsetzung

Das Poesiealbum des Feridun Zaimoglu öffnet seine Flanken ganz weit – und entblättert sich

„Veronica Ferres: schwanger von ihrem neuen Freund“, jaulte die Bunte. Selbstverständlich darf auch eine Eon-Luftpumpe sich vervielfältigen, wenn ihr danach ist – aber muss das sonst jemand wissen? Und wäre „schwanger von sich selbst“ respektive „von der eigenen Blödheit“ nicht die viel interessantere Meldung gewesen? Nein? Die deutsche Frau hatte es unter Hitler, für den sie sich hunderttausendfach sexualhysterisch begeisterte, bekanntlich nicht leicht – das jedenfalls wurde hinterher, nachdem die Sache schief gegangen war, gern von ihr erzählt. Noch schlimmer als unter dem Hakenkreuz aber hat sie es heute unter dem Weihnachtsbaum. „Weihnachten der betrogenen Frauen“, titelte die Bunte. In Gold. Und schwemmte brühwarm Existenzen an, die es nicht gäbe ohne die Bunte und ohne die es die Bunte nicht gäbe: Barbara Becker, Sibylle Beckenbauer, Angela Wepper, Naddel Bohlen, und die dazugehörigen Schlawiner gab es so gratis, wie sie sind.

So einer ist Ben Becker, der auf dem Boulevard strichert, also quasi auf der Straße: a man in full, ein ganzer Kerl. „Ich setz mich nicht vor den Computer und fang da an, düdeldü. Da gehe ich viel lieber auf die Straße und gucke mir Menschen an“, erzählt er in Amica. Und muss gleich ein bisschen weinen: „Das Schlimmste, wenn eine Liebe zu Ende geht, ist der Verlust, das Suffering.“ Er sagt wirklich: Suffering. Ist es die neue Extremsportart im Hause Dleck & Becker?

„Drei Dinge braucht der Mann: Feuer, Pfeife, Stanwell.“ So hieß es früher. Die aktualisierte Version verrät uns Beckers Ben. Er weiß um die drei Dinge, die ein Mann von seiner Welt irgendwann im Leben aber so was von tun muss: „Eine Zigarette rauchen. Einen Whisky trinken. Und einmal richtig ficken.“ Einmal ficken, bitte – nur ein Mal, aber dafür „richtig“? Egal, Hauptsache: ficken sagen, jauhau. Und dann eine rauchen, einen Whisky trinken, sich mit dem Filzstift „Andreas Baader“ auf die weiße Jeansjacke malen und seiner Frau ein „Made in Berlin“ auf den – einmal? – schwanger gefickten Bauch. All das tat dieser Mann ohne Not; wär’ es nicht wahr, ich würd’ es nicht erzählen. Stumpf ist Trumpf, hier kommt Ben Becker, ein Mann wie Hemdenwerbung, ein Mann wie Pitralon. „Ich bin Künstler“, sagt er noch. Ganz ernst, als ob das komisch wäre: „Ich bin Künstler.“ Das Schicksal kann richtig gemein sein.

Und ist es auch. Alice Schwarzer sitzt – wie passend – in einem Museum und liest dabei die FAZ. Beides tut sie freiwillig. Um sie herum sieht man ausgestopfte Steinzeithöhlenmänner. Das soll lustig sein, weil dahinter immer ein kluger Kopf zu stecken hat, in diesem Fall einer folgenden Inhalts: Männer – ist klar – sind Neandertaler, uh-uh-uh, und Alice Schwarzer ist toll und schlau, weil sie eine FAZ festhalten, dafür Reklame machen und ihre – sorry – plumpen Fesseln in eine Kamera halten kann. So hat ein jedes seine Verdienste.

Jünger sein alleine ist auch keine Rettung. Für öffentlichen Glibbernachwuchs ist reichlich gesorgt. Feridun Zaimoglu, dessen armstarke Posen sehr gern genommen werden von diversen Feuilleton-Flanellanten, findet sich in derselben Amica-Ausgabe wie sein Pendant Ben Becker. „Literatur“ steht oben auf der Seite; also muss es wohl Literatur sein. So klingt sie: „Aus deiner Hand kommt schöner Schaden an meiner Ruhe.“ Das Poesiealbum öffnet seine Flanken ganz weit – und entblättert sich: „Und immer wieder leckte sie den kleinen Film mit Katzenzungenspitze.“ Den umwerfenden Vergleich von Frau und Katze möchte ich mit einem Literaturpreis nicht unter lebenslänglich geahndet wissen. Und Feridun Zaimoglus „kleinen Film“ nicht näher kennen müssen, nicht mit Katze und nicht mit Zunge. WIGLAF DROSTE