leben in funnyland
: YVES EIGENRAUCH über seinen herzfrequenzmesser

laufen mit big brother

ich wohne in der dreiundsechzigsten straße west in manhattan, haus no. 17. das ist gut so. zu den öffentlichen verkehrsmitteln, haltestelle columbus circle, ist es nicht weit; ebenso wenig, wie der weg in den central park. gut. heute morgen musste ich endlich mal wieder laufen gehen, ein bisschen joggen. na ja, meinen herzfrequenzmesser habe ich um, und auf meinem mir eigenen trainingsplan konnte ich die von meinem trainer gewünschte zahl ablesen, die mein messgerät gefälligst zeigen soll. wir brauchen einfach einen ausgleich zu unserem unbewegten leben.

neben denen meines personal trainer, lege ich sehr viel wert auf die ratschläge meines ernährungsberaters und meines psychotherapeuten. was würde ich ohne euch tun? ohne sie liefe ich ziemlich sicher nicht diese runden durch den park. weder gestern oder vorgestern oder vorvorgestern, noch heute am silvestertag. und schon gar nicht eine dreiviertel stunde lang mit einer herzfrequenz von hundertfünfzig schlägen in der minute. nein. das täte ich nicht.

doch, in dieser realität täte ich das, denn mir ergeht es wie vielen anderen menschen. wir sehnen uns nach dem, was wir nicht haben. darum sagt man ja auch, dass man erst dann merkt, was man an einem menschen hatte, wenn er nicht mehr da ist! arbeit und freie zeit, freie zeit und arbeit.

langsam öffnen sich die poren, und der schweiß tritt aus ihnen heraus. die häufig beschriebenen glücksgefühle des laufens bleiben bisher aus. dafür ergötze ich mich an meiner umgebung. meinen entgegenläufern. hi! hi! voll eisiger vitalität umgibt mich die natur, obwohl ich mich im zentrum des urbanen befinde. bevor ich das haus verließ, hatte es zu schneien begonnen, und auch jetzt scheint mir eine wand aus flocken die sicht zu nehmen, ich blicke durch milchglas. es erscheint, als liefe mein traum während des wachens weiter. der doch anstrengende laufbeginn ist vergessen, die gedanken sind inzwischen automatisch auf relevantes destilliert worden, blicken durch. schön ist es hier, alles vergessend, durch die welt zu laufen, meine gedanken kreisen zu lassen.

dienstag, an dem tag, an dem ich meinen personal trainer das nächste mal treffe, werde ich ihm erst mal ganz recht herzlich danken dafür, dass er mir nahe gelegt hat, auch zwischen weihnachten und neujahr ein wenig laufen zu gehen. und dass er darauf bestanden hat, dass ich während des laufens die uhr trage, damit er die daten (datum/ uhrzeit/laufzeit/puls, sie werden automatisch gespeichert) später für mich analysieren kann. so wissen wir dann: ich gehe im neuen jahr topfit zur arbeit!?!

laufen macht spaß, auch wenn ich mir nicht ganz sicher bin, ob mir das laufen selbst freude bereitet, oder ich alleine an meiner neuen laufkleidung gefallen finde. früher lief ich nämlich in ganz normaler sportkleidung, wie sagt man? in einem trainingsanzug! aber heute, heute trage ich richtige laufbekleidung; enge laufhosen und eine tolle atmungs- oder so -aktive und wind- und wasserabweisende duper-jacke. das es sich dabei eigentlich um frauenbekleidung handelt stört mich nicht weiter. immerhin waren es die mit abstand hübschesten stücke im geschäft.

der kauf war perfekt. ich fühle mich toll. und freue mich darüber, dass meine herzfrequenzuhr nicht auch mikrofon und videokamera eingebaut hat. manchmal kann mein personal trainer recht streng sein. 1984 live aus gelsenkirchen!

Fotohinweis:yves eigenrauch, 29, ist angestellter von schalke 04 und muss heute wieder zur arbeit.