Kein Tag für Schmitt

Der Japaner Noriaki Kasai übernimmt mit seinem Sieg beim Neujahrsspringen in Garmisch die Spitze der Vierschanzentournee

von MATTI LIESKE

„Nur wer keine Anpassungsprobleme an neue Anlagen hat, kann erfolgreich bestehen“, erläutert Bundestrainer Reinhard Heß die besonderen Anforderungen der Vierschanzentournee. Wer sich zu lange auf den Lorbeeren des einen Springens ausruht, hat das nächste unter Umständen schon verloren. Auch Martin Schmitt ist diese Regel wohlbekannt, im letzten Jahr verspielte er nach seinem Auftaktsieg von Oberstdorf mit einem elften Platz beim Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen bereits den Gesamtsieg. Um einen derartigen Absturz diesmal zu vermeiden, war er bereits einen Tag nach seinem erneuten Oberstdorfer Triumph an der seit dem Vorjahr modernisierten Olympiaschanze in Garmisch zu finden. „Da muss man schon genau hingucken, um sein Material optimal auf die Bedingungen einzustellen“, erklärte der 22-Jährige .

Auf der anderen Seite garantiert auch die sorgfältigste Vorbereitung noch längst keinen Sieg. Obwohl der Bakken der Schanze so begradigt wurde, dass er Schmitts Technik besser entgegen kommt, musste der Weltcup-Spitzenreiter gestern vor 30.000 Zuschauern mit dem achten Rang vorlieb nehmen. Es siegte der Japaner Noriaki Kasai mit Weiten von 120 und 122 Metern vor dem Russen Dmitri Wassiliew (122,5/122) und dem Polen Adam Malysz, der im zweiten Durchgang mit 129,5 m den Schanzenrekord gleich um sechseinhalb Meter verbesserte. Kasais Sieg verhinderte nicht nur den Grand Slam durch Martin Schmitt, den Triumph auf allen vier Schanzen, von dem in übermütigen deutschen Medienkreisen bereits leise gemunkelt worden war, sondern der Japaner, Zweiter in Oberstdorf, mauserte sich vor dem dritten Springen am Donnerstag in Innsbruck zu einem heißen Anwärter auf den Gesamtsieg.

Schmitt hatte einen möglichen zweiten Erfolg bereits im ersten Durchgang verspielt, als er bei 115 m landete, Malysz im direkten Duell unterlag und nur als Lucky Loser ins Finale kam. „Ein guter Sprung“, sagte der winterliche Liebling der Sportnation gewohnt lakonisch auf die Frage, was noch möglich sei, doch auch die 117,5 m im zweiten Durchgang blieben ein gutes Stück hinter den Sprüngen der besten Leute an diesem Tag zurück. In der Gesamtwertung fiel Schmitt auf den dritten Platz hinter Kasai und Malysz zurück, Sven Hannawald, gestern Fünfter, liegt auf Rang vier.

Sowohl Schmitt als auch Hannawald waren „eigentlich ganz zufrieden“ mit ihren Leistungen, „es hat halt heute nicht gereicht“, resümierte der Oberstdorf-Sieger, der keine gravierenden Fehler bei seinen Sprüngen erkennen konnte, relativ gelassen. Wichtig sei vor allem, dass er sich jetzt nicht verunsichern lasse, meinte Schmitt und fügte leicht trotzig hinzu: „Die Tournee ist noch völlig offen.“ Er jedenfalls habe keine Angst vor Innsbruck: „Ich habe da schon gute Sprünge gemacht.“ Ähnlich sieht es Reinhard Heß. „Wir werden angreifen“, versprach der Bundestrainer mit Blick auf den Donnerstagstermin am Berg Isel.