USA UNTERZEICHNEN ABKOMMEN ÜBER STRAFGERICHTSHOF IN DEN HAAG
: Taktik und nichts dahinter

Es war eine überfällige Entscheidung, und doch nutzt sie nicht viel: Drei Wochen vor dem Ende seiner Amtszeit und nur Stunden vor dem Ablauf der vorgesehenen Frist hat US-Präsident Bill Clinton entschieden, den Vertrag über die Einrichtung eines Internationalen Strafgerichtshofs zu unterschreiben. Damit hat Clinton vor allem eines geschafft: Er sichert den USA die Möglichkeit, die Ausgestaltung des Gerichtshofs zu beeinflussen und bei den Neuverhandlungen dabeizubleiben.

Clinton weiß, dass der republikanisch dominierte Kongress den Vertrag nicht ratifizieren wird; er weiß auch, dass die kommende Regierung Bush den Vertrag rundheraus ablehnt. Gerade die Gegner des Vertrags müssten Clinton eigentlich dankbar sein: Die Unterzeichnung erhöht den Verhandlungsspielraum der neuen Administration. Ohne Unterschrift wären die USA einfach ohne Einfluss geblieben. Nur ist die republikanische Gegenseite zu dumm und zu verbohrt, diese Chance zu erkennen. Stattdessen kündigt etwa der alte reaktionäre Vorsitzende des außenpolitischen Senatsausschusses, Senator Jesse Helms, mit martialischen Worten an, den Beitritt der USA mit allen Mitteln bekämpfen zu wollen.

Die Vorbehalte allerdings sind parteiübergreifend. Die Auseinandersetzung um den Internationalen Strafgerichtshof ist einer jener Konflikte, bei denen die Verbündeten der USA nur noch fassungslos sind. Denn es geht nicht um die konkreten Regelungen, wie sie im Statut von Rom verankert sind – da könnte man ohne weiteres nachbessern. Der US-Politik widerstrebt es vielmehr grundsätzlich, nationale Souveränitätsrechte an supra- oder internationale Institutionen abzugeben. Internationales Regelwerk, UNO und Weltsicherheitsrat genauso wie der Internationale Gerichtshof in Den Haag sind den USA immer dann sehr lieb gewesen, wenn sie sich für die jeweiligen US-Interessen einsetzen ließen. Wenn nicht, ging es auch ohne oder gar gegen sie.

Und doch hat die Clinton-Regierung in den vergangenen acht Jahren die Akzente verschoben, hat die USA näher an die UNO herangeführt, gebremst oft nur von der Ideologie einer rückständigen republikanischen Kongressmehrheit. Sie wird unter George W. Bush aktive Regierungspolitik. Für den Internationalen Strafgerichtshof heißt das, auf absehbare Zeit mit der offensiven Obstruktionspolitik der größten Militärmacht der Welt leben zu müssen. In Fragen des globalen Klima- und Umweltschutzes, bei denen schon die Clinton-Regierung gemauert hat, gilt Gleiches. Keine schönen Aussichten. BERND PICKERT