Ritt auf dem Messer

In 70 Tagen um die Welt: Der Hamburger Tim Kröger ist zur Katamaran-Regatta gestartet  ■ Von Günter Schulz

Am Silvestertag begann für den Hamburger Hochseesegler Tim Kröger in Barcelona das größte Segelabenteuer seiner Karriere. Der amerikanische Milliardär und Rekordjäger Steve Fossett hat den 36-jährigen Profi als Segeltrimmer für seine Playstation angeheuert, die mit 38,50 Metern Länge der größte Renn-Katamaran der Welt ist. Am Sonntag kreuzten vor der katalanischen Metropole vor 100.000 Zuschauern neben der Playstation noch vier weitere, ähnlich große Boote die Startlinie, als der Startschuss für die spektakulärste Segel-Regatta aller Zeiten fiel: „The Race“.

Nonstop geht es auf Yachten, die ohne Limits gebaut wurden, über 27.000 Seemeilen, ehe die Sieger Anfang März im französischen Marseilles erwartet werden. „Auf diesen Booten zu segeln, das ist manchmal wie ein Ritt auf Messers Schneide“, berichtete Kröger bereits nach einem Transatlantik-Rekordversuch mit der Playstation im vergangenen Herbst. „Der Trick“, so erklärte der zweimalige Weltumsegler kurz vor seinem großen Abenteuer, „besteht auf diesen Kats nicht darin, schnell zu sein. Das ist relativ einfach. Aber Bremsen musst du im richtigen Moment können, um das Boot unter Kontrolle zu behalten. Das ist eine gute und besonnene Seemannschaft gefragt.“ Im Gegensatz zu den herkömmlichen Einrumpfbooten können Katamarane kentern. Das ist eine der größten Gefahren der Regatta, die rund 44 Millionen Mark kosten wird und bei der es um Preisgelder von rund zweieinhalb Millionen Mark geht.

Der Franzose Bruno Peyron hat das Spektakel seit 1993 initiiert und allen Sicherheitsbedenken und Kritikern zum Trotz organisiert. Als am Heiligen Abend endlich die sechs Giganten im Port Vel in Barcelona nebeneinander lagen, war er überwältigt: „Die Realität scheint das Vorstellungsvermögen immer noch zu übertreffen. Diese Boote sind Zeugen der nächsten Generation.“

Erstmals werden Zweirumpf-Riesen dieser Größe in die berühmt-berüchtigten Breitengrade der „Roaring Fourties“ (Brüllende Vierziger) und der „Screaming Fifties“ (Schreiende Fünfziger) vordringen, wo Eisberge den Weg versperren und sich 20 Meter hohe Wellen auftürmen. Die Veranstalter haben aus Sicherheitsgründen bereits vor Wochen eine Rennyacht mit sechsköpfiger Besatzung zur Inselgruppe der Kerguelen entsandt, die dort für mögliche Noteinsätze bereit liegt. Die Flotte wird alle drei großen Kaps umrunden, etwa 40 der insgesamt rund 70 Segeltage im Südpolarmeer verbringen und in Gewässer vorstoßen, die weiter als jeder andere Ort der Erde von menschlicher Zivilisation entfernt liegen.