Besuch in der zweiten Heimat

■ Die bosnische Bremerin Sanela Kostura wird Amerikanerin /Der schwere Abschied von Deutschland wurde für sie zur Chance

Traumland USA? „Ja“, sagt die 22-jährige Bosnierin Sanela Kostura unumwunden. Sieben Jahre hatte sie als Kriegsflüchtling in Bremen gelebt, bis deutsche Behörden ihr keine Wahl ließen: Zurück nach Bosnien oder weg in die USA hieß Anfang 1999 der letzte Aufruf. Sonst Abschiebung. Die Tochter einer serbischen Mutter und eines bosnischen Vaters, die bereits nach Sarajewo gegangen waren, weil ihr Haus in der heutigen serbischen Republik verloren war, wählte schweren Herzens: Die USA.

Durch den kleinen Singsang im Tonfall und das R, das ihr manchmal hinten im Rachen liegenbleibt, hat Sanelas fehlerfreies Deutsch inzwischen einen leichten Claudia Schiffer-Einschlag. Amerikanischer klingt nur ihr Bericht von den ersten zwei Jahren in der neuen Heimat. „Der dritten. Meine erste ist Bosnien. Meine zweite Deutschland.“

Ausgerechnet Des Moines, Iowa wurde zum Fixpunkt ihres Lebens. Das könnte aussichtsreich verlaufen, wenn es so weiter geht, wie es gleich 1999 mit einer Arbeitsstelle in den USA begonnen hat – wenn auch unter großen Abschiedsschmerzen. Die erst 20-Jährige wäre gerne in Bremen geblieben, das sie morgen, nach dem ersten Besuch seit ihrer Auswanderung, wieder verlässt. Dieses Mal mit dem blauen Pass in der Tasche, den sie in den USA mit der Zusicherung erhielt, nach fünf Jahren auch amerikanische Staatsbürgerin werden zu können. „Das will ich“, sagt die junge Frau.

Nur wer sie fragt, ob sie bei gleichem Angebot aus Deutschland auch wieder hierher zurück käme, erfährt: „Ja“. Der Neuanfang in den USA sei nicht einfach gewesen, sagt die junge Frau dann mehr als zurückhaltend. „Meine ganze Teenager-Zeit war ich in Bremen.“ Aber dann sagt sie entschieden: „Ich gehöre zu den Menschen, die nach vorne schauen.“ Von Krieg, Flucht und dem jahrelangen Druck, Deutschland wieder verlassen zu sollen, redet sie ungern. Positiv zu denken, sei schon immer ihre Stärke gewesen, das habe mit Amerika nichts zu tun. Freilich machen es ihr amerikanische FreundInnen leicht, manches zu vergessen.

„Die wissen nicht viel von Europa und eigentlich nichts vom Krieg“, sagt Sanela. In den USA zähle das Heute. „Und wenn mich jemand fragt, woher ich komme, interessiert er sich vor allem für meine Kultur.“ Den AmerikanerInnen gehe es um Bereicherung – während sie in Deutschland das Gefühl nie losgeworden sei, dass hinter dem „Woher-kommst-du?“ oft der „Von-hier-bist-du-aber-nicht“-Hinweis steckte. „In den USA habe ich vom ersten Moment an dazu gehört“, sagt sie erleichtert. Und obwohl sie das Abi in Bremen nicht mehr machen konnte, wird sie nächste Woche dank einer Ausnahmeregelung sogar ein Studium beginnen. „Internationale Wirtschaft“ – an einer der renommiertesten Universitäten Iowas, wo das Studienjahr 20.000 Dollar kostet. Dass die junge Bosnierin, deren Mann als Kellner arbeitet, sich das leisten kann – das widerum klingt nach amerikanischem Traum.

Er beginnt in einem Kaufhaus in Iowa. Dort hatte sich die Bosnierin mit ihrem Schulenglisch vom Gymnasium Hamburger Straße erfolgreich um einen Verkäuferinnenjob beworben. Es folgte ihr Aufstieg zur Chefin ausgerechnet der Kosmetikabteilung, wo die Direktorin eben jener Uni shopt. Eine Amerikanerin, für die der kleine Talk über das Wohlbefinden der Verkäuferin dazu gehört und die dieser empfahl, sich doch auf einen Verwaltungsjob an ihrer Uni zu bewerben. Das gelang – und ist jetzt der Einstieg zur Karriere. „Universitätsangehörige bekommen Rabatt“, sagt Sanela. Ihr nächstes Ziel heißt Bachelor. Und irgendwann Kinder. „Die bekommen alle internationale Namen.“ ede