Unvorbereitete Schussabgabe bleibt rätselhaft

Polizei geht nicht mehr davon aus, dass auf den Privatwagen von Walter Momper gezielt und vorbereitet geschossen worden ist

Die Polizei geht davon aus, dass es sich bei dem Schuss auf den Privatwagen des früheren Berliner Bürgermeisters Walter Momper (SPD) nicht um einen gezielten Anschlag gehandelt hat. Nach Würdigung aller Tatumstände sei nicht von einer gezielten, vorbereiteten Schussabgabe auszugehen, hieß es gestern.

Am vergangenen Donnerstag war auf den Audi des heutigen Vizepräsidenten des Abgeordnetenhauses ein Schuss abgefeuert worden. Zum Zeitpunkt der Schussabgabe gegen 17.10 Uhr war der Wagen nahe des Kreuzberger Mietshauses geparkt, in dem die Mompers wohnen. Das Projektil hatte die linke Scheibe an der Fahrerseite durchschlagen und war im Sitzpolster stecken geblieben. Anne Momper, Ehefrau des Vizepräsidenten, sagte gestern gegenüber der taz, sie vermute einen Verrückten als Täter.

Der ermittelnde Staatsschutz hatte bis gestern alles für möglich gehalten: Ein Attentatsversuch auf Momper kam für die Beamten genauso in Betracht wie eine Drohung oder eine ungezielte Schussabgabe. Dass das Ganze reiner Zufall war, hätten die Ermittler anfangs nicht so recht glauben wollen, sagte Anne Momper. „Dafür waren es der Polizei ein bisschen zu viele Zufälle auf einmal.“

Walter Momper hatte das Familienauto an dem Tag nicht benutzt. Nach Angaben seiner Frau war er zu Fuß nach Hause gekommen. Sein Weg führte ihn an dem geparkten Audi vorbei, der etwa zehn Meter vom Haus entfernt abgestellt war. Als er die Haustür aufschließen wollte, sei die Alarmanlage des Autos angesprungen. Kurz zuvor habe es in der ruhigen Straße „Peng“ gemacht. „Als wir das Loch in der Scheibe sahen, haben wir gedacht, es stammt von einem Stein“, sagt Anne Momper. Deshalb hätten sie das Auto auch in die Werkstatt gebracht, ohne die Polizei zu informieren. Die Kripo war erst am nächsten Tag eingeschaltet worden, nachdem ein KFZ-Schlosser das Projektil gefunden hatte.

In den vergangenen Tagen hatte die Polizei nach einem Augenzeugen gefahndet, der zum Tatzeitpunkt auf der gegenüberliegenden Straßenseite stand und den Momper gefragt hatte, ob er etwas gehört oder gesehen habe. Der Mann soll trotz des kalten Wetters barfuß in Jesuslatschen unterwegs gewesen sein. Auch Anne Momper hatte den Mann registriert, als sie beim Saubermachen der Wohnung auf den Balkon getreten war. Die Polizei scheint aber nicht davon auszugehen, dass der Mann etwas mit dem Schuss zu tun hat.

Seit dem Fund des Projektils stehen die Mompers unter Personenschutz, der auch gestern noch andauerte. Zusätzlich sind vor dem Mietshaus zwei Wachpolizisten postiert worden. Die beiden Wachleute, die gestern Mittag dort standen, zeigten sich nicht sonderlich gut informiert, wen es zu schützen gilt. Als Anne Momper von einem Personenschützer des Landeskriminalamtes nach Hause gefahren wurde, versuchten die Wachleute der Limousine mit wild rudernden Armbewegungen das Parken vor dem Haus zu verwehren. Erst vom Fahrer wurde sie eines Besseren belehrt.

PLUTONIA PLARRE