Erbsenzählerin für Schröder

Die BSE-Beauftragte der Bundesregierung, Hedda v. Wedel, wird das Kabinett eher ent- als belasten

Für ein Gespräch steht sie leider nicht zur Verfügung, erklärt ihre Sprecherin. Sie müsse sich jetzt erst einmal auf ihre neue Rolle vorbereiten. Wie sie ihr Amt auszuführen gedenke, sei auch noch nicht spruchreif. Da gebe es zunächst „Abstimmungsbedarf mit dem Kanzleramt“. Nein, Schnellschüsse sind ihre Sache nicht. Auf die Fragen des Fernsehens, das sie am Freitag vorm Bundesrechnungshof in Bonn abfing, antwortete von Wedel nur allgemein. Es gehe um die Fragen: „Was ist falsch gelaufen, und was kann man besser machen?“

Gerhard Schröder ist jedenfalls „sehr froh“. Zu Recht: Mit der Benennung von Hedda von Wedel als „BSE-Beauftragte“ ist es ihm erneut gelungen, Tatkraft zu demonstrieren und gleichzeitig von Fehlern seiner Regierung abzulenken. Streng nach seinem Neujahrsmotto: „Wir alle, ob als Politiker oder als Verbraucher, waren vielleicht zu gutgläubig.“

Mit von Wedel hebt Schröder das Problem jetzt auf eine sachliche, überparteiliche, wenn nicht sogar überpolitische Ebene. Von Wedel ist als Präsidentin des Bundesrechnungshofes jemand, der es gewohnt ist, sich durch amtliche Abläufe durchzubeißen und Schlamperei zu Tage zu fördern. Eine, die erst ausgiebig prüft und dann redet. Fachlich also nicht in Frage zu stellen – und praktischerweise ist sie auch noch Mitglied der CDU. Das hat System beim Konsenskanzler, der schon Otto Graf Lambsdorf die Zwangsarbeiterfrage regeln lässt und Rita Süssmuth die Einwanderung.

Ein politisches Schwergewicht wie die beiden ist Hedda von Wedel aber nicht. Der Rechnungshof ist nicht wirklich populär: Natürlich kommen Hinweise auf Steuerverschwendung in der Öffentlichkeit gut an. Doch die Erbsenzähler, die so etwas in mühsamer Kleinarbeit herausfinden, werden eher als Kuriosum denn aufrichtig bewundert. Mit politischen Statements hat sich von Wedel eher zurückgehalten.

Schröder kann sich also darauf verlassen, dass seine neue Beauftragte etwas ausgräbt, und zwar sowohl beim Bund wie bei den Ländern. Und auch auf Versäumnisse der Regierung Kohl wird sie stoßen. So ist am Ende alles wunderschön relativiert.

Ob von Wedel unter diesen Bedingungen über eine reine Bestandsaufnahme hinauskommt, bleibt abzuwarten. Immerhin geht es laut von Wedels ersten blumigen Worten um ein „Optimum an Vorsorge“. Von 1983 bis 1990 war sie Staatssekretärin für Landwirtschaft im niedersächsischen Kabinett. Mit Viehwirtschaft dürfte die Hobbyjägerin also vertraut sein. Mit Verbraucherschutz hatte sie dagegen noch nichts zu tun. Dass sie sich auch da reinarbeiten kann, muss sie erst noch beweisen. URB