Fels in der medialen Brandung ringt um Fassung

Die ARD ist wichtig, fand eine von der ARD initiierte Studie heraus. Und schwadroniert von „Leitkultur durch kollektive Ausrichtung“

„Das Rheingold“ ist bekanntermaßen der Vorabend zum „Ring des Nibelungen“. Dort baut ein gewisser Wotan seine Burg Walhall, der Rest der Handlung ist hier nebensächlich. Gewissermaßen zum Vorabend des jetzt erfolgten ARD-Wotanwechsels von Peter Voß (SWR) zu WDR-Intendant Fritz Pleitgen hat sich die ARD als Gesamtkunstwerk unter die Lupe nehmen lassen.

Das Kölner Marktforschungsinstitut Rheingold, spezialisiert darauf, durch psychologische Morphologie „die geheime Logik, die Strukturen und die Funktionen von Märkten (...) und Kommunikationsmitteln transparent“ zu machen, hat in über 1.400 Tiefeninterviews die tiefere Bedeutung der ARD ermittelt. Und weil die Ergebnisse wie eine verwirbelte Kombination eines Wagner’schen Opernlibrettos mit Fernsehpfarrer Fliege daherkommen, beschränken wir uns auf Auszüge:

„Die ARD konturiert mit ihren Programmen buchstäblich einen öffentlich-rechtlichen Gemeinschaftsraum“ und schafft so „in der Bevölkerung ein Gefühl der Einheit“. Mehr noch, „das feste Programmschema der ARD hat auch heute maßgeblichen Anteil an der Strukturierung des Tagesablaufs unserer Kultur“ und bestimmt so den „Biorhythmus der Nation“: „In ihrer Programmstruktur spiegelt die ARD die kulturelle Aufteilung von Arbeit und Muße, Pflicht und Kür.“

Und so ist die ARD „Richtungsanzeiger im Weltgeschehen“ und schafft „eine Art mediale Leitkultur durch kollektive Ausrichtung“. Denn „vor allem in Krisenzeiten (...) wird die ARD zum unverzichtbaren und maßgebenden Medium, das den Zuschauern Fassung, Halt und Orientierung gibt“. Dabei sei das Verhältnis der Zuschauer zur ARD, die „als Instanz“ sogar „die Unruhe des Lebens in eine Fassung“ bringt, „ambivalent: Als verlässlicher Fels in der medialen Brandung vermittelt sie Sicherheit“, doch „verströmt“ die Sender-Arbeitsgemeinschaft „durch ihre Programme“ auch noch „ein Sendungsbewusstsein, das die Zuschauer an Arbeit und Erziehung erinnert und das sich mit dem privaten Sich-fallen-lassen-können der privaten Sender bricht“. Denn die setzen auf das Fernsehen als „Gefühls-Apotheke“ und die „Dramatisierung privater Eigenwelten“. Die ARD hingegen rettet: „Denn die Zuschauer spüren immer wieder, dass sie sich in den beliebigen und frei flottierenden Erlebniswelten verlieren. Angesichts der fiktionalen Schicksals-Simulationen drohen sie weltlos zu werden (...)“.

Und das alles mit 50. Wenn da nicht Walhall gewackelt hat. STG