Ab heute neu im Angebot: Berliner Filetgrundstücke

Startschuss für Berliner Liegenschaftsfonds. Gesellschaft wirft 5.000 landeseigene Grundstücke auf den Markt. Finanzsenator rechnet 2001 mit Erlösen von rund 420 Millionen Mark für teure Flächen

von ROLF LAUTENSCHLÄGER

Das Land Berlin geht unter die Grundstücks- und Immobilienmakler. In den kommenden Jahren will das Land mehr als 5.000 Grundstücke mit einer Gesamtfläche von 10 Millionen Quadratmeter profitabel verkaufen. Der Erlös aus den landeseigenen Flächen im Wert von 3,8 Milliarden Mark soll das Defizit in der Haushaltskasse verringern sowie ansiedlungswillige Investoren in die Stadt locken. Mit der gestrigen Einrichtung des zentralen Liegenschaftsfonds hat Finanzsenator Peter Kurth (CDU) den „Startschuss für ein effizientes Immobilienmanagement“ gegeben. Kritiker des Fonds fürchten, dass mit dem Konzept der gewinnorientierten Liegenschaftsgesellschaft das Ende der innerstädtischen Bodenpolitik eingeläutet wird.

Nach Ansicht Kurths besteht die Hauptaufgabe des Liegenschaftsfonds mit 100 Mitarbeitern und einer Datenbank im Internet darin, „die zügige Verwertung der Grundstücke“ voranzutreiben. Die Grundstücke würden „grundsätzlich“ nach dem aktuellen Verkehrswert veräußert, was eine hohe Rendite verspreche. Ausnahmen müsste das Parlament genehmigen.

Zugleich, so Kurth, bedeute die Einrichtung des neuen Liegenschaftsfonds eine „spürbare Verbessung“ für bauwillige Investoren. Anstelle bisher 24 verschiedener Dienststellen in den Bezirken und beim Senat gebe es „nun einen zentralen Ansprechpartner“ für den Erwerb von Landesgrundstücken.

Der Senat hatte bereits in der vergangenen Legislaturperiode die Einrichtung eines Fonds angekündigt, um die Anzahl der Landesgrundstücke und ungenutzten Immobilien zu dokumentieren, sie zu bündeln und den Verkauf von teuren Filetgrundstücken zu beschleunigen. Nach Meinung des neuen Geschäftsführers der Fondsgesellschaft, Holger Lippmann, werden derzeit „rund 3.000 Grundstücke für den Verkauf überprüft“. Für das Jahr 2001 rechnet Lippmann mit einem Verkaufserlös von 420 Millionen Mark. Einen Verfall der Bodenpreise durch das Angebot wollte Lippmann nicht sehen. Die Flächen würden „nicht verschleudert“.

Bereits übertragen wurden dem Liegenschaftsfonds unter anderem Grundstücke am Werderschen Markt, am Alexanderplatz, in der Friedrichstraße sowie das Areal des ehemaligen Stadions der Weltjugend, sagte Kurth. Von der Veräußerung dieser 15 Hektar großen Fläche in Mitte erhoffe sich das Land einen Ertrag von 50 Millionen Mark.

Die Strategie des Fonds, die vielen Grundstücke in der Innenstadt per Bieterverfahren und nur nach dem Marktpreis zu veräußern, bewerten Kritiker wie der Planer Wulf Eichstädt und der Stadtsoziologe Hartmut Häußermann als Verabschiedung des Senats von der aktiven Bodenpolitik. Statt die im Planwerk Innenstadt geforderte Zielsetzung einzuhalten, Grundstücke flexibel und auch im unteren Marktsegment bereitzustellen, führe die Verwertung zum Ausverkauf der Stadt für Reiche, so Häußermann. Die Stadtflucht werde damit nicht verhindert, und Normalbürger könnten weder günstig innerstädtisch bauen noch wohnen.