Strahlendes Westgeld

Die Stasi soll radioaktive Banknoten zur Verfolgung von Regimegegnern in Umlauf gebracht haben

LONDON/BERLIN afp ■ Das frühere DDR-Ministerium für Staatssicherheit (Stasi) hat nach den Erkenntnissen eines Atom-Experten mit radioaktiven Markierungen nicht nur Regimegegner, sondern auch die Allgemeinheit gefährdet. So seien Westmark-Noten radioaktiv markiert, in Umlauf gebracht und nicht wieder aus dem Verkehr gezogen worden, erklärt der Strahlenschutz-Experte Klaus Becker im Magazin New Scientist.

Die Stasi selbst habe berechnet, dass längeres Aufbewahren solcher Scheine in Hosentaschen unfruchtbar machen könne. Becker sagte am Mittwoch, seine Erkenntnisse beruhten auf Unterlagen aus der Gauck-Behörde. Die konkreten Auswirkungen solcher radioaktiven Markierungen seien aber „sehr schwer nachweisbar“. Bereits vor einem Jahr gab es Presseberichte über die mutmaßliche Verstrahlung von DDR-Regimegegnern durch radioaktive Materialien, die zu ihrer Überwachung eingesetzt wurden. Der damalige Bundesbeauftragte für Stasi-Unterlagen, Joachim Gauck, hatte dazu erklärt, die Stasi habe „die gesundheitliche Gefährdung von Menschen in Kauf“ genommen.

Als weitere Beispiele für derartige Praktiken hatte die Gauck-Behörde im vergangenen März die unsachgemäße Röntgenbestrahlung von politischen Gefangenen und die radioaktive Markierung von mutmaßlichen Treffpunkten DDR-Oppositioneller angeführt. Die Zahl solcher Markierungsvorgänge wird für die Siebzigerjahre auf jährlich etwa 100, für die Achtzigerjahre auf zwischen 30 und 50 geschätzt.