Beamte sind besser als ihr Ruf

■ Kein Run auf Frühpensionierung: Im Jahr 2000 untersuchte der Bremer Amtsarzt 300 BeamtInnen auf ihre Diensttauglichkeit

Kaum war die Gesetzesreform zu Jahresbeginn 2000 in Angriff genommen, kursierten auch schon die ersten bösen Gerüchte: Wenn Beamte nach ihrer Frühpensionierung ab Januar 2001 Abzüge hinnehmen müssten, würden viele ihren Berufsausstieg wohl schon im Jahr 2000 beschleunigen. Eine Antragsflut sei zu erwarten. Die Auswertung aktueller Daten aus dem Bremer Gesundheitsamt jedoch belegt derartige Vermutungen nicht.

Tatsächlich sind im Jahr 2000 zwar rund 15 Prozent mehr Anträge zur Begutachtung beim Gesundheitsamt gestellt worden. Statt wie im Vorjahr 261 kamen letztes Jahr rund 300 Personen zur amtsärztlichen Untersuchung, die Dienstunfähigkeit oder eingeschränkte Arbeitsfähigkeit feststellen kann. Auch schrumpfte zugleich die Schar der StaatsdienerInnen auf mittlerweile rund 15.000. Allerdings steigt ebenso zuverlässig deren Durchschnittsalter: Auf den Diagrammen wölbt sich der „statis-tische Bauch“ deutlich über der Gruppe der 50- bis 55-Jährigen, die wiederum quasi naturbedingt als die größte Gruppe der „Frühaussteiger“ gilt – wobei sich Beamte statistisch nicht besonders auffällig hervorheben. Das jedenfalls hat der Leiter des sozialmedizinischen Dienstes, Thomas Hilbert, anhand von Stichproben errechnet.

Er hat zugleich festgestellt, dass nach wie vor rund 60 Prozent aller Anträge auf Begutachtung vom Dienstherr gestellt werden und nur 40 Prozent von den Bediensteten selbst. Auch weiß er, dass über die Hälfte seiner KlientInnen nicht zum ersten Mal kam – und dass rund ein Viertel von ihnen auch sagt, im Beruf keine Probleme zu haben. Viele seien sogar zufrieden. Nur drei von hundert geben „Mobbing“ als Ursache an.

Nach der neuen Gesetzgebung müssen Beamte, die vor Erreichen der Altersgrenze dienstunfähig werden, ab Januar 2001 mit 1,8 bis 3,6 Prozent Pensionsabzug rechnen. Im Jahr 2002 steigert sich der Abzug auf mindestens 2,4 Prozent für die bis 62-Jährigen, für alle Jüngeren auf maximal 7,2 Prozent. Beamte im mittleren Dienst bekämen dies bei Ruhestandsbezügen von monatlich rund 2.700 Mark deutlich zu spüren, sagt der Landesvorsitzende des Deutschen Beamtenbundes in Bremen, Gerhard Godehus-Meyer. Er kritisiert die neuen Gesetze: „Spätestens wenn die Höchstabzüge für unter 62-Jährige ab 2004 auf 10,8 Prozent steigen.“ Beamte, die sich im Beruf krank gearbeitet hätten, empfänden das als Bestrafung. Zudem habe das Versorgungsreformgesetz schon 1998 deutliche Verschlechterungen in der Beamtenversorgung gebracht. Seitdem könnten Beamte beispielsweise eine Höchstversorgung von 75 Prozent erst nach 40 Dienstjahren erreichen. „Das werden nur noch wenige schaffen.“

Angeführt wird die Liste der FrühaussteigerInnen von den Bediensteten aus dem Justizvollzug – gefolgt von den LehrerInnen, Polizisten und Bediensteten im Gesundheitswesen. Menschen wie Thomas Hilbert warnen jedoch davor, aus solchen Angaben leichtfertige Schlüsse zu ziehen. Jedes Berufsfeld berge eigene Schwierigkeiten. „Wenn ein Lehrer nicht mehr vor der Klasse stehen kann, findet man nur sehr schwer eine Ausweichmöglichkeit für ihn.“ Gleiches wird bei der Polizei beklagt.

Jeder dritte Frühpensionär leidet unter einer seelischen Krankheit. Diese Gruppe wird gefolgt von den Muskel- und Skelettkranken (13 Prozent) und Herz- und Kreislauf-Kranken (zwölf Prozent). Zwar ist nach Angaben des Finanzressorts die Zahl der Frühpensionierungen seit 1998 von 269 auf 339 im Jahr 2000 gestiegen. Darin enthalten sind auch die Beamte, die die 58er Regelung in Anspruch genommen haben.

ede