schnittplatz
: Die Fotos der diebischen Elster

Motorrad- gegen Polizeihelm, Über- gegen Unterzahl. Schild und Schlagstock gegen Lederjacke. Tolle Bilder, so schwarzweiß wie die Vergangenheit. Dass dem heutigen Außenminister in jugendlichem Eifer mal die Hand ausrutschte – geschenkt. Ein Friedrich Merz, der sich kürzlich eine Jugend als sauerländischer Rowdie zurechtfantasierte, würde sein Mofa für solche Beweisfotos einer street credibility hergeben.

Sei’s drum. Die Bilder sind in der Welt, und mit ihnen eine leidige Geschichte. Deren Wendungen werden immer kurioser, und inzwischen ist sie in den Archiven angelangt. Und, schlimmer noch, beim Urheberrecht. Kann jede gute Geschichte kaputtmachen, das Urheberrecht. So stellte man beim Hessischen Rundfunk rasch fest, dass die entsprechenden Aufnahmen aus einer alten „Hessenschau“-Ausgabe verschwunden waren. Und auch Redakteure der „Tagesschau“ mussten bald Bänder beklagen, die jemand ausgeliehen und nicht zurückgebracht hatte – merkwürdig, dass man sich beim NDR offenbar wie in einer Stadtbücherei bedienen kann.

Denn „jemand“, das war in beiden Fällen Frau Bettina Röhl, Tochter von Ulrike Meinhof und Journalistin in eigener Sache. Weil sie nicht nur mit „der Linken“, namentlich „dem Fischer“, noch eine Rechnung offen hat, sondern wohl auch noch ganz banale, reale Rechnungen zu begleichen sind, bot sie das Material zu astronomischen Preisen einschlägigen Medien an. Stern und Bild ließen sich breitschlagen und zahlten, von „einer sechsstelligen Summe“ war zunächst die Rede, dann von einer „hohen fünfstelligen“.

„Vierzig Mark“, freute sich die Frankfurter Allgemeine Zeitung, seien ihrem Fotografen Kleinhans seinerzeit angeboten worden, im April 1973, als die FAZ sie erstmals druckte. Kleinhans ist heute 74 – und es dürfte seinem schlechten Gehör zu schulden sein, dass er einer Frau sein Material überlassen hat, die es mit Geschäftssinn zu Markte trägt. Inzwischen hat er, so steht’s in der Süddeutschen, seinen Anwalt eingeschaltet. Angeblich begehrte Röhl die Fotos für ihre Biografie „Sag mir, wo du stehst“, zu der es in einer Ankündigung des Verlages heißt: „Wir werben in auflagenstarken überregionalen Printmedien.“ Das ist jetzt nicht mehr nötig, so oder so. ARNO FRANK