Italiens Rechtsextreme unter Druck

Neuer Polizeibericht über die Forza Nuova könnte ein Verbot der rechtsextremen Organisation nach sich ziehen

ROM taz ■ In Rom verdichten sich Anzeichen für ein Verbot der rechtsextremen Organisation Forza Nuova (FN). Ein jetzt von der Polizei vorgelegter Bericht wirft der Gruppierung vor, neben der offiziellen über eine verdeckte Organisationsebene zu verfügen und damit die Voraussetzungen für subversive Aktivitäten geschaffen zu haben. Zudem wird FN zur Last gelegt, rassistische Propaganda zu treiben und damit gegen das Anti-Rassismus-Gesetz zu verstoßen, das der Regierung freistellt, fremdenfeindliche Organisationen zu verbieten. Nach einer Prüfung des Rapports durch die Staatsanwaltschaft wird das Innenministerium womöglich schon binnen weniger Wochen über die Auflösung von FN entscheiden. Auslöser der Verbotsdiskussion war der Bombenanschlag vom 22. Dezember auf die römische Redaktion der linken Tageszeitung Il Manifesto, bei dem sich der Attentäter Andrea Insabato schwer verletzte. Zwar bestritt Forza Nuova sofort eine Mitgliedschaft Insabatos; zugleich aber kamen die Rechten über eine windelweiche Distanzierung nicht hinaus. Seit Jahren sei Insabato ein „guter Freund“ , teilten die beiden FN-Chefs mit, ein „Idealist“ und guter Katholik. Ihr Verständnis von Legalität demonstrierte FN dann bei einer Pressekonferenz am 27. Dezember, als der FN-Chef von Rom einen Journalisten mit mehreren Fausthieben attackierte. „Nervös“ sei der Schläger gewesen, ließ die Parteiführung verlauten.

Die Nervosität ist verständlich. Ein Verbot würde den rasanten Aufstieg der Truppe abrupt unterbrechen. Gegründet wurde die neofaschistische Organisation 1997 von Roberto Fiore und Massimo Morsello. Beide lebten damals im Londoner Exil, da sie in Italien mit Haftbefehl gesucht wurden. Anfang der Achtzigerjahre waren Fiore und Morsello in rechtsterroristischen Organisationen aktiv. Schon untergetaucht, wurden sie 1985 wegen Mitgliedschaft in einer subversiven Vereinigung verurteilt.

Doch Großbritannien hielt seine schützende Hand über die Faschisten, die ihr Exil zum Aufbau eines millionenschweren Unternehmensimperiums nutzten, in dessen Mittelpunkt die Reisebürokette „Meeting Point“ steht. Als Hausmeister in von Morsello und Fiore betriebenen Londoner Pensionen war Insabato in den Neunzigerjahren tätig.

Als politisch einträglich erwiesen sich die im Exil verdienten Millionen mit der Gründung von FN. Binnen kurzem eröffnete die Organisation Parteibüros im ganzen Land. Spätestens mit der Rückkehr Fiores und Morsellos im März 1999 wurde FN ein Magnet für das extremistische Milieu auf der Rechten und zählt heute etwa 2500 Mitglieder sowie gut 20.000 Sympathisanten.

Appeal gewann FN vor allem dank einer geschickten Doppelstrategie. Einerseits setzten Fiore und Morsello auf die Gewinnung des Skin-Milieus, andererseits verpassten sie FN einen respektablen katholischen Anstrich und protestierten im Namen abendländischer Werte gegen Abtreibung, Schwule und „islamische Invasion“ – Themen, die auch Kirchenmännern wie Bolognas Kardinal Giacomo Biffi teuer sind. So durfte Fiore im August 2000 auf einem katholischen Meeting gegen Abtreibung reden. Großer Sympathien erfeute sich FN auch bei den gewendeten Exfaschisten und Berlusconi-Alliierten der Alleanza Nazionale: Francesco Storace, Präsident der Region Latium, eilte im März 1999 zum Flughafen, um die FN-Chefs zu begrüßen. Ähnlich rege pflegt FN internationale Kontakte. Bei der letzten FN-Programmkonferenz, am 16. Dezember in Rom, saß neben einem Vertreter der spanischen Falange der NPD-Vorsitzende Udo Voigt auf dem Podium. MICHAEL BRAUN