Universitäres
: Freier Nachwuchs

■ Doktor-Titel nachgefragt, interdisziplinäre Forschung wird aber klein geschrieben

Wer in Bremen seinen Doktortitel macht, ist zumeist frei schwebender Künstler. Das jedenfalls geht aus einer Antwort des Senats auf eine Anfrage der Grünen hervor. Die wollten wissen, ob Bremens Wissenschaftsnachwuchs in geordneten Verhältnissen vorankommt. Aus der Antwort geht hervor: Von insgesamt 1.250 Frauen und Männern, die an der Universität Bremen an ihrer Promotion arbeiten, tun dies nur 60 im Rahmen von interdisziplinären, wissenschaftlichen Projekten.

„Akuten Handlungsbedarf“ diagnostizierte daraufhin der wissenschaftspolitische Sprecher der Grünen, Hermann Kuhn. Zwar werde es immer EinzelgängerInnen geben, „aber für den größten Teil der Doktoranden wäre eine klare Struktur mit regelmäßigen Kollegs und intensiver Betreuung notwendig.“ Allzu oft nämlich verberge sich hinter diesen Solo-Existenzen eine schlechte Betreuung durch die „Doktorväter“.

Ganz im luftleeren Raum freilich hängen die wenigsten der 1.250 DoktorandInnen. 712 von ihnen, davon knapp ein Drittel Frauen, beschäftigt die Universität mit befristeten Verträgen – innerhalb deren Laufzeit allerdings kaum jemand den Abschluss schafft. Die meisten dieser Gruppe brauchen im Schnitt vier Jahre für die Dissertation. Rund 100 StipendiatInnen schaffen es rund sechs Monate schneller. Der Grund liegt auf der Hand: StipendiatInnen können sich ganz auf ihre DoktorInnenarbeit konzentrieren. Wer Promotionsförderung auf einer Stelle beispielsweise als wissenschaftliche Mitarbeiterin erhält, muss Dienstleistungen für Forschung und Lehre erbringen.

Im Schnitt ist jede dritte Nachwuchskraft auf einer Promotionsstelle weiblich – aber eben nur im Schnitt. Am wenigs-ten ausgeglichen ist das Geschlechterverhältnis in der Produktionstechnik (Fachbereich 4). Auf 25 Männer kommt hier eine Frau. Im Fachbereich 8, Geografie, Geschichte, Sozialwissenschaften, kommt immerhin schon eine Doktorandin auf neun männliche Kollegen. Im 1:2 Verhältnis klafft die Schere im Fachbereich 5 – Geowissenschaften, Mineralogie – schon weniger weit auseinander. Und bei den RomanistInnen und AnglistInnen sowie bei den SozialpädagogInnen sind es sogar mehr Doktorandinnen.

Die zahlenmäßig größte Gruppe der PromoventInnen stellt der Fachbereich 2, Chemie-Biologie. Hier wollen 68 Personen den Doktor machen, 23 davon weiblich. Platz zwei der Hitliste belegt der Fachbereich 1, Physik und Elektrotechnik, mit 40 DoktorandInnen, darunter sechs Frauen. Einen regelrechten Nachfrage-Boom hat in den vergangenen fünf Jahren übrigens die Rechtswissenschaft erlebt. Hier haben sich die DoktorandInnen-Zahlen fast verdoppelt – auf heute 37 Personen; die Frauen machen hier ein Drittel aus. Überhaupt hat die Zahl der DoktorandInnen in den letzten fünf Jahren stetig leicht zugenommen. ede