mein erstes schweinerockkonzert von SUSANNE FISCHER
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Neulich wurde ich gefragt, ob ich mich nicht an einer Anthologie beteiligen wolle, die das erste Rockkonzert-Erlebnis zum Thema habe. Ich plane übrigens derzeit eine Anthologie, in der Autoren ihre Erfahrungen in Sachen „Mein allererster Anthologiebeitrag“ wiedergeben sollen. In der Einladung zum Rockkonzert-Buch hieß es, es ginge um „Bier, Schweiß und Sperma“ oder so ähnlich. Da sagte ich ab, weil ich von Sperma nichts verstehe. Diese lustige und originelle Antwort zitierte ich danach so lange jedem, der es nicht hören wollte, bis ich keine Freunde mehr hatte. Obwohl sie noch nicht einmal stimmt, denn wenn man eins kennt, kennt man alle.

Selbstverständlich erlebte auch ich ein erstes Rockkonzert, und es war gänzlich unbedeutend, aber sehr lustig. Außerdem fand es in Dänemark statt, und Dänemark ist sowieso lustig. Es begann damit, dass circa 25 Kilometer von unserem gemütlichen Ferienhaus entfernt die äußerst uncoole Band „Mud“ ein Konzert geben sollte. Wer erinnert sich nicht gern an ihren Superhit „Tiger Feet“? Niemand? Dachte ich’s mir.

Ich war vierzehn und bettelte so lange, bis meine Eltern mir eine Karte kauften, obwohl mich jemand würde hinbringen und abholen müssen. Um sieben sollte das Konzert beginnen, um sechs bereits nörgelte ich meinen Vater aus unserem gemütlichen Ferienhaus hinaus, damit er mich rechtzeitig mit dem Auto in die Stadthalle schaffte. Und da war’s passiert: Batterie alle, Anlasser tot. Licht angelassen. Ich schrie, schimpfte und heulte. Schließlich war ich erst vierzehn. Mein Vater bat unsern Nachbarn aus dessen gemütlichem Ferienhaus hinaus, mich zum Konzert zu bringen, und schwor den heiligen Papa-Eid, sein Auto bis zum Abholen wieder flott zu haben. Der Nachbar verlangte von mir, dass ich ihm den Weg zur Stadthalle weisen solle, obwohl ich erst vierzehn war und ein geografischer Idiot bin von Geburt an bis heute. Er war auch einer, aber er schaffte es doch, ganz knapp.

In der Halle sah ich stundenlang Leuten beim Bühnenauf-und -umbau zu und hörte zwischendurch drei Bands, die schwedisch oder norwegisch sangen. Kein Lied klang wie „Tiger Feet“, und zwei nette Dänen, die ich kennen lernte, klärten mich über eine kulturelle Institution namens Vorgruppe auf. Endlich kamen meine Helden und konzertierten sich eine Dreiviertelstunde lang nichtswürdigen Quatsch zusammen, was ich allerdings damals anders sah. Stolz verließ ich um Mitternacht die Stadthalle, vor der mein Vater seit drei Stunden wartete. Es war sein erstes Rockkonzert; er wusste nichts von Vorgruppen. Es war mein erstes Rockkonzert, ich wusste nicht, dass man die Halle verlassen konnte, um wartende Angehörige zu vertrösten. Ich dachte, wenn ich den Fuß vor die Tür setze, lassen die mich nie wieder rein. Mein Vater schimpfte, aber er schrie und heulte wenigstens nicht, obwohl er damals so alt war, wie ich es jetzt bin, und ich schreie-heule-schimpfe immer noch. Alles in allem wurde es dann noch ein gelungener Urlaub, in dem auch meine Mutter und mein Bruder vorkamen. Aber das ist eine andere Geschichte.