Pfand macht Dose platt

Nach einem guten Jahr fällt der Recyclingwirtschaft ein optimistischer Ausblick schwer. Trittins Zwangspfand soll Einwegverpackungen zurückdrängen

BERLIN taz ■ Der Recyclingwirtschaft stehen ungewisse Zeiten bevor. Spätestens im Herbst will Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) einen Pfand von 50 Pfennig auf Dosen und Einwegflaschen mit Bier und Mineralwasser einführen. „Durch das Pfand wird es zunächst eine höhere Rücklaufquote geben“, prognostizierte der Geschäftsführer des Bundesverbands Sekundärrohstoffe und Entsorgung (BVSE) Hans-Günter Fischer gestern in Berlin. Doch Trittins Vorhaben könnte den Recyclingunternehmen langfristig Schwierigkeiten bereiten: Der Minister will mit Einführung des Pfandes wieder mehr Käufer für Mehrwegverpackungen gewinnen.

Im vergangenen Jahr konnte die Recyclingbranche nach vier Jahren der Stagnation erstmals wieder Zuwächse verzeichnen. „Unsere Umsätze sind um rund 3 Prozent gewachsen“, freute sich gestern BVSE-Präsident, Hans Jürgen Cierzon. Getragen werde der Aufwärtstrend vor allem durch eine erhöhte Nachfrage nach Altpapier, Altkunststoff und Altholz. Generell begrüße er die ökologischen Aspekte eines Zwangspfands.

Die Verordnung, mit der Trittin das Pfand rechtfertigt, stammt aus dem Jahre 1991. Demnach ist es zulässig, wenn der Mehrweganteil bei der Verpackung unter 72 Prozent sinkt. Vor zwei Jahren lag die Quote bei 70,35 Prozent. „Wir vermuten, dass sie 2000 noch deutlicher unterschritten wurde“, sagt Thomas Elsner, Sprecher des Bundesumweltministeriums.

Da nur Einwegverpackungen von Bier, Mineralwasser und Weinflaschen mit einem Pfand belegt werden dürfen, will Trittin die Verpackungsordnung zum kommenden Jahr ändern und alle ökologisch nachteiligen Verpackungen bepfanden.

Das geht der Recyclingwirtschaft dann doch zu weit. Hand in Hand mit den deutschen Winzern kämpfen sie darum, zumindest Weinflaschen auszunehmen. „Andernfalls zerstört Trittin das etablierte Glassammelsystem“, sagt BVSE-Geschäftsführer Fischer. Etwa die Hälfte des Glasbruchs in den Containern fiele weg, wenn leere Weinflaschen wieder in den Supermarkt zurückgebracht würden. „Damit aber sind die Glascontainer wirtschaftlich untragbar“, sagt Fischer.

Ein Gewinner des Zwangspfandes steht jetzt schon fest: die norwegische Firma Tomra. Ihre Rücknahmeautomaten haben einen weltweiten Marktanteil von 90 Prozent und Deutschland-Chef Thomas Dory hat errechnet, dass in der Bundesrepublik mit Einführung des Dosenpfandes 30.000 solcher Geräte aufgestellt werden müssen. Das Bundesumweltministerium schätzt nach einem Bericht der Welt, dass 70.000 Rücknahmeautomaten benötigt und dafür Investitionen in Höhe von 1,75 Milliarden Mark fällig werden. Noch im Herbst vorigen Jahres hatte Trittin von 600 bis 900 Millionen Mark gesprochen.

Tomra-Chef Dory hat den Befürwortern aus Umweltverbänden ein neues Argument für das Zwangspfand geliefert. Seine Automaten sollen mit einem kleinen Knopf ausgestattet werden. Wer ihn drückt, verzichtet auf die Auszahlung seines Pfandes zu Gunsten der Deutschen Umwelthilfe. RALF GEISSLER