Opfer im Bauernkrieg

Der dickschädlige Landwirtschaftsminister Karl-Heinz Funke scheiterte an seinem Ministerium – und an seiner eigenen Sturheit

BERLIN taz ■ Am Vormittag war er doch noch so konzeptfreudig: Künftig solle ganz genau feststehen, was im Tierfutter sein darf und was nicht, verkündete Landwirtschaftsminister Karl-Heinz Funke (SPD) im Gespräch mit Journalisten. Seine letzter Vorschlag als Minister.

Seine bisherige Idee vom Umgang mit der europäischen BSE-Krise hatte Funke in den letzten Monaten immer wieder in die Tat umgesetzt: Ignoranz. Immer wieder, zuletzt am 20. November, hat er der Bevölkerung gesagt, dass Deutschland BSE-frei sei – es gebe keine deutschen BSE-Rinder. Unter Beschuss stand Funke wegen Versäumnissen seiner Behörde schon lange, die Kritik kochte Ende letzten Jahres hoch, nachdem Focus berichtet hatte, Funke habe bereits im vergangenen April von einer drohenden BSE-Krise erfahren.

Nicht der Mann war das Problem, sondern sein Ministerium. Funke hat das Problem BSE von seinen Vorgängern geerbt. In der Regierung heißt es, Funke und sein Staatssekretär seien von ihrem Ministerium teilweise „übel verladen“ worden: Falsche Auskünfte sowie das Verschweigen und Verzögern von Nachrichten behinderten die Arbeit. Doch Funke selbst sah sich auch immer als Bauernminister, der für seine Klientel und Lobby zu sorgen hatte. Dass er den Verbrauchern, die mit ihren Steuermilliarden die Agrarwirtschaft erst in dieser Form ermöglichen, eine saubere Landwirtschaft schuldete – dieser Gedanke ist ihm nie gekommen.

Mit dem Aufkommen des deutschen Rinderwahnsinns sah sich Funke plötzlich inmitten einer Massenhysterie. Und fühlte sich als deren Zielscheibe: „Da rast der See und will sein Opfer haben“, zitierte der Gebeutelte Schillers Wilhelm Tell und fabulierte von „Formen der Irreleitung wie vor 1914.“ Vom Klischee des fröhlichen Landmannes war da schon nichts mehr übrig.

Angeblich hat Bundeskanzler Schröder seinen niedersächsischen Landsmann 1998 lange drängen müssen, überhaupt ins Kabinett einzutreten. Funke zierte sich dreimal. Beim dritten Mal sei der Kanzler autoritär geworden: „Es kommt nicht darauf an, was du willst, sondern du musst!“ Offenbar bedurfte es gestern ähnlich vehementer Überredungskünste, um Karl-Heinz Funke aus dem Amt zu verabschieden: Noch nachdem die ARD „zuverlässig aus Regierungskreisen“ den Rücktritt des Landwirtschaftsministers vermeldet hatte, dementierte ein Sprecher seines Agrarministeriums tapfer. Anfrage um Anfrage beschied der Pressemann mit dem Hinweis „Da ist nichts dran.“ Derlei Pläne des Ministers seien ihm nicht bekannt. Den Spekulationen um der Rücktritt setzte erst Vizeregierungssprecher Bela Anda ein Ende.

Was bleibt von Karl-Heinz Funke? Ein Kalauer: „Oldenburger Butter hilft dir auf die Mutter.“ Und möglicherweise sein Staatssekretär Martin Wille. Der gestern Abend als Nachfolger gehandelte gilt als wesentlich aufgeschlossener für ökologische Landwirtschaft und als kooperativ in der Zusammenarbeit mit dem Bundesumweltministerium.

KUZ, BPO