Seelenpflege im Hotel Heilig

■ In bester Nachbarschaft zu Madame Lothars Travestie-Show baut die Katholische Kirche ein Kloster / Kurzferien bei den Ordensschwestern sollen jederzeit möglich sein

Vergesst die Wellness-Center! Geht doch ins Kloster! Ist billiger und die Seele wird auch ohne Schlammmasken und Aquarobic gut durchbalsamiert. Und vor allem: warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt im Schnoor? In dem für seine engen Gässchen und Häuschen bekannten Viertel soll auf circa 600 Quadratmetern Grundfläche zwischen Kolpingstraße und Schnoor ein Kloster samt Kapelle und Klostergarten entstehen. Für die „erste Neugründung eines Klosters seit der Reformation“ in Bremen müssen lediglich ein paar Bruchbuden abgerissen werden, die zu einer ehemaligen Bäckerei gehören.

Voraussichtlich in einem Jahr können die multinationalen Schwestern des Birgittenordens ihre jeweils 17 Quadratmeter mit eigenem Badezimmer beziehen. Nach Auskunft von Propst Ansgar Lüttel sitzen die acht Frauen zwischen 40 und 60 Jahren derzeit in Rom auf „gepackten Koffern“. Das Besondere an dem Birgittinnen sei ihre ökumenische Ausrichtung. Folglich sei das Kloster „offen für alle“. Insgesamt 15 ruhebedürftige, zweifelnde Seelen können jeweils für ein paar Tage am Ordensleben teilnehmen. „Auch Männer.“, fügt der Referent für Öffentlichkeitsarbeit der Katholische Kirche in Bremen, Wilhelm Tacke, hinzu. Mit diesem Open House soll die Kirche an Profil gewinnen. „Wir wollen einen geistlichen Akzent setzen: Innerlichkeit als Gegenpol zu Space Park und anderem städtischen Getöse“, sagt Lüttel. Das Kloster sei bewusst in der Innenstadt angesiedelt, um Laufkundschaft zur Einkehr in den inneren Frieden zu ermutigen. Im Gegensatz zu Scientology käme man bei ihnen aber genauso leicht raus wie rein, sagt Tacke.

Fitnessstudios und anderes High-tech-Gerät zur „Seelenpflege“ werde es nicht geben, aber die „Hinführung zur Meditation und zum Gebet gehören ja auch zu Wellness“, findet Lüttel. Außerdem wären die Schwestern bereit, sich auf die Wünsche ihrer Gäste einzustellen. Auf jeden Fall bieten die kirchlichen Animateurinnen folgendes Programm: Bibellesungen und Exerzitien sowie geistliche Gespräche zur Bewältigung von Lebenskrisen. Die Kosten für den Aufenthalt im „Club Christ“ möchte der Propst noch nicht beziffern. Sicher ist, dass die Gelegenheitsnonnen und -mönche mit ihrem Scherflein wesentlich zur Finanzierung der laufenden Kosten beitragen werden. Aufgrund der beschränkten räumlichen Möglichkeiten könnten die Birgittinnen weder Gemüse in großem Stil anbauen, noch Schweine und Schafe halten. „Höchstens Katzen“, sagt Tacke.

Das Bauvorhaben selbst ist finanziell immerhin so weit gesichert, dass im Frühjahr mit dem Bau begonnen werden kann – „es sei denn, der städtische Denkmalpfleger findet aufregende Mauerreste“, sagt Tacke. Der Großteil der mindestens vier Millionen Mark soll von der katholischen Kirche selbst getragen werden, ein weiteres Viertel durch Spenden hereinkommen. Für den Rest hofft man noch auf göttliche Fügung.

Überhaupt riecht die ganze Sache, die sich in rasant kurzer Zeit aus heißer Luft manifestierte, nach einem Werk Gottes. Der muss den Bremer Katholiken die Schwestern des schwedischen, aber weltweit operierenden Birgittenordens in die Hände gespült haben. Ohne Zögern entschied sich Oberin Mutter Maria Tekla Famiglietti für Bremen als ersten Standort ihres Ordens in Deutschland. ei