„Nur eine PR-Aktion für Grüne und BVG“

Susanne Lang, Mitinitiatorin der Aktion Noteingang in Brandenburg, will am Basis-Konzept festhalten

Frau Lang, Sie haben als Mitinitiatorin der Aktion Noteingang den Aachener Friedenspreis erhalten. Was halten Sie davon, dass in Berlin die Grünen und Unternehmerverbände Ihre Aktion kopieren?

Susanne Lang: Die haben daraus eine komplett andere Aktion gemacht, die mit der ursprünglich basisorientierten Herangehensweise nichts mehr zu tun hat. Ursprünglich stand die Aktion Noteingang für antirassistisches Engagement. Wenn sich sogar die SPD beteiligt, wird der Begriff Antirassismus sinnentleert.

Der Slogan auf den Aufklebern richtet sich eindeutig gegen rassistische Gewalt.

Ja, aber da finden kaum Gespräche statt. Ursprünglich war das Konzept, mit den Ladenbesitzern zu sprechen, sie für das Thema rechte Gewalt zu sensibilisieren. Jetzt wird das von oben herab durch die Verbände quasi angeordnet. Das Ganze ist höchstens noch eine PR-Aktion für die Grünen oder die BVG. Bezeichnend ist, dass die Grünen keinen Kontakt zu uns gesucht haben.

Welche Erfahrung haben Sie mit der Aktion gemacht?

Wir haben vor mehr als zwei Jahren landesweit etwa 1.000 Geschäftsinhaber angesprochen. Davon hat rund die Hälfte unsere Fragebögen ausgefüllt. 200 haben nach intensiven Gesprächen die Aufkleber angebracht.

Warum war die Resonanz so spärlich?

Viele dachten, sie hätten mit dem Thema nichts zu tun. Andere wiederum hatten Angst, sich im Ort zu isolieren. Viele befürchteten, ihre Kunden zu verlieren. Und es gab auch die Angst davor, selbst zum Ziel rassistischer Gewalt zu werden. Dass etwa die Scheiben des Geschäfts eingeschmissen werden. Das Ganze ist aber eine Weile her. Vielleicht hat sich durch die öffentliche Thematisierung von Rassismus jetzt etwas geändert.

Gab es Fälle, in denen die Aktion konkreten Schutz vor rassistischer Gewalt gebracht hat?

Uns sind einige wenige Fälle bekannt. Zum Beispiel hat sich einmal ein Aktivist der Aktion in einen Laden flüchten können, als er von Rechten verfolgt wurde. Dem haben die Verkäuferinnen geholfen. Aber die Aktion Noteingang kann keine Schutzräume schaffen. Es geht mehr um die Diskussionen im Umfeld und die öffentliche Symbolwirkung. Allerdings darf sich antirassistische Arbeit darauf nicht beschränken. Deshalb kümmern sich jetzt viele Gruppen, die bei der Aktion Noteingang mitgemacht haben, konkret um Flüchtlinge, die unter den Schikanen der Behörden leiden.

INTERVIEW: RICHARD ROTHER