„Neuer Geburtstag“

Nach zehn Jahren Ungewissheit ein positives Urteil: Schwerkranker Ghanaer darf nicht „in den Tod geschickt werden“  ■ Von Elke Spanner

Nach fast zehn Jahren der erste Lichtblick für Seth Amo Yaw: Das Oberverwaltungsgericht (OVG) hat gestern entschieden, dass der schwer nierenkranke Ghanaer nicht in sein Herkunftsland abgeschoben werden darf. Obwohl er auf regelmäßige Medikamente, Untersuchungen, Operationen und sogar Notfallbehandlungen angewiesen ist, wollte das „Bundeamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge“ die Ausreise des Ghanaers erzwingen (taz berichtete). Das OVG stellte aber klar, dass „niemand sehenden Auges in den Tod oder zumindest eine erhebliche Gesundheitsgefahr geschickt werden darf“.

Dass seine Rückkehr nach Ghana den „sicheren Tod“ bedeuten würde, hatte Amo Yaws Urologe bereits 1992 das erste Mal gewarnt. Und auch ein Professor des Tropeninstitutes hatte dem Gericht bescheinigt, dass Amo Yaw in Ghana wohl sein Antibiotikum bekommen könnte, Notfalldialyse und Intensivmedizin aber nicht möglich sind. Statt deshalb ein Abschiebehindernis anzuerkennen, überlegte sich das Bundesamt immer wieder neue Tricks, den Ghanaer dennoch ausweisen zu können: Zuletzt hatte es angeregt, dass die Hamburger Ausländerbehörde die Behandlungskosten für Amo Yaw in Ghana übernehmen solle – weil er diese selbst nicht bezahlen könne und auch keine Angehörigen zur Unterstützung hat.

Einen Tag vor der gestrigen Verhandlung hatte die Ausländerbehörde die Kostenübernahme aber abgelehnt. Allerdings bestätigte das Amt, derzeit mit der Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS) in Verhandlungen über künftige derartige Fälle zu stehen.

Flüchtlinge können sich laut Ausländergesetz nicht auf Gesundheitsgefahren berufen, denen in ihrem Herkunftsland ein großer Teil der Bevölkerung ausgesetzt ist. Amo Yaws Krankheit wurde wahrscheinlich durch eine Bilharziose ausgelöst – eine in Ghana weit verbreitete Krankheit. Derart schwerwiegende Folgen wie er sie erlitten hat, tragen in Ghana groben Schätzungen zufolge zwar nur rund 0,6 Prozent der Bevölkerung.

Dennoch bezeichnete das OVG Amo Yaws Erkrankung gestern als eine, der die Bevölkerung in Ghana laut Ausländergesetz „allgemein ausgesetzt ist“. Dass es trotzdem ein Abschiebehindernis bejahte, begründete das Gericht damit, dass im Falle Amo Yaws der Tod oder zumindest schwerwiegende Kom-plikationen drohten. Dies zumindest sei dem Ghanaer nicht mehr zuzumuten.

Amo Yaw sprach vom gestrigen Tag als seinem „neuen Geburtstag“. Doch ganz ablegen kann er seine Zukunftsangst noch nicht. Das OVG hat die Revision zugelassen – das Bundesamt könnte den Fall noch bis vor das Bundesverwaltungsgericht bringen. Bis zu einer endgültigen Entscheidung würden dann wieder ungewisse Jahre vergehen.