Ruhiges Gewerbe ist meist erlaubt

Mietrecht: Wer sein Büro in den eigenen vier Wänden einrichten möchte, sollte in seinen Mietvertrag sehen. In Berlin darf nicht mehr als die Hälfte einer Wohnung ohne Genehmigung beruflich genutzt werden. Zweckentfremdung ist aber verboten

Gerade Freiberufler und Selbstständige oder solche, die es werden wollen, verzichten in der Startphase ihrer Tätigkeit oft bewusst auf ein eigenes Büro. Entweder ist es schlichtweg zu teuer oder der Weg dorthin wäre zu zeitaufwendig. Viele gewöhnen sich an den Arbeitsplatz zu Hause und wollen ihn nicht mehr ganz aufgeben, auch wenn sie über ein eigenes Büro verfügen. Zunehmend nutzen auch Arbeitnehmer die vom Betrieb eingeräumte Möglichkeit der „Telearbeit“, wie Heimarbeit seit Mitte der 90er-Jahre in Deutschland genannt wird. Verlässliche Zahlen darüber, wie viele Menschen tatsächlich ihrem Broterwerb zu Hause nachgehen, gibt es indes nicht.

Doch es gibt Grenzen für die Arbeit in der eigenen Wohnung: Nicht jede Tätigkeit lässt sich zu Hause ausüben, nicht jede Wohnung eignet sich zur Heimarbeit und zudem ist nicht jede Heimarbeit mietrechtlich erlaubt.

Man sollte also einen Blick in seinen Mietvertrag werfen. Zwar würden Nachbarn und Vermieter durch Telearbeit nicht beeinträchtigt, zum Teil merkten sie nicht mal etwas davon, heißt es beim Deutschen Mieterbund (DMB) in Köln. Doch sei es „nicht ohne weiteres zulässig, Wohnraum komplett nur zu Telearbeitsplätzen umzufunktionieren“. Nach Auffassung des DMB sei aber die „Einrichtung eines einzelnen Arbeitsplatzes in der vom Arbeitnehmer ansonsten weiter bewohnten Mietwohnung unproblematisch“. Eine Genehmigung des Vermieters sei „nicht erforderlich“. Auch wer Büroarbeiten am heimischen Schreibtisch erledigt oder am Wochenende zu Hause Akten liest, muss keine mietrechtlichen Konsequenzen fürchten.

Für alle Tätigkeiten, die nach außen hin als berufliche oder gewerbliche Nutzung des privaten Domizils erkennbar sind, beispielsweise durch Hinweisschilder oder Publikumsverkehr, bedarf es einer Genehmigung des Vermieters, da die gemieteten Räume vertraglich nur zu Wohnzwecken überlassen wurden. Er kann dafür sogar einen Gewerbezuschlag verlangen. Die Möglichkeit, einen Zuschlag zu erheben, muss allerdings im Mietvertrag festgelegt sein. So entschied beispielsweise das Landgericht Hamburg: „Die mietvertraglich eingeräumte Möglichkeit zur teilgewerblichen Nutzung von maximal 49 Prozent der Wohnfläche gestattet einen Zuschlag nur dann, wenn schon bei Vertragsschluss eine über den ohnehin zulässigen Gebrauch der Wohnung hinausgehende (teil-) gewerbliche Nutzungsmöglichkeit ins Auge gefasst war oder der Mieter um eine solche Nutzungsmöglichkeit nachgesucht hat.“ Im vorliegenden Fall ging es um die Frage, ob der Mieter Goldschmiedearbeiten in seiner Wohnung ausführen dürfe. Für die Richter waren „Umstände, welche eine solche Tätigkeit zustimmungsbedürftig machen könnten, nicht ersichtlich“ (Az. 311 S 245/97). Der Deutsche Mieterbund ist der Auffassung, dass der Vermieter „zur Duldung einer beruflichen Tätigkeit in der Wohnung verpflichtet ist, wenn keine Schäden der Wohnung oder der Zugänge und keine unzumutbare Belästigungen der Mitmieter zu befürchten“ seien. Allerdings ist der Mieter dann nicht zu einer teilweisen gewerblichen Nutzung der Mietwohnung berechtigt, wenn deren Charakter verändert wird. Werden gar störende Maschinen eingesetzt oder geben sich Kunden die Klinke in die Hand, müsse dies der Vermieter nicht mehr dulden, meinen bundesweit mehrere Gerichte. So auch das Landgericht Schwerin: Die Mietwohnung verliere ihren Charakter dann, wenn „der Mieter ein Zimmer hauptberuflich als Ingenieurbüro – zusammen mit einem weiteren Ingenieur, der nicht Mieter ist – nutzt und das Büro auch Laufkundschaft anziehen soll“ (Az. 6 S 96/94).

Neben den mietrechtlichen Vorschriften sind auch die der so genannten Zweckentfremdungsverbotsverordnung zu beachten. In Berlin beispielsweise durfte bis vor einigen Jahren vor dem Hintergrund der angespannten Wohnungsmarktlage lediglich ein einziger Raum einer Wohnung ohne Genehmigung durch die Behörden für andere Zwecke als Wohnen genutzt werden.

Das Landgericht Berlin stellte aber fest: Wohnraum gilt bei teilgewerblicher Nutzung dann nicht als zweckentfremdet, wenn weniger als die Hälfte der Wohnfläche vom Wohnungsinhaber beruflich genutzt wird (Az. 8C 29/92). Dem folgend, änderte das Land Berlin seine Vorschriften. Die teilgewerbliche Nutzung einer Wohnung durch den Wohnungsinhaber ist genehmigungsfrei, wenn weniger als 50 Prozent der Wohnfläche zu anderen Zwecken genutzt werden. Begründet hat man das mit „der in Teilbereichen entspannten Wohnungsmarktlage“. Allerdings muss der Wohnungsinhaber in der betreffenden Wohnung auch tatsächlich wohnen. Die Wohnung ohne Genehmigung als Büro an einen Gewerbetreibenden unterzuvermieten, ist untersagt. Wenn der Mieter ohne Wissen oder gegen den Willen des Hausbesitzers eine Mietwohnung zweckentfremdet, könne ihn der Vermieter einem Urteil des Oberlandesgerichtes Düsseldorf zufolge abmahnen und dann, wenn der Mieter die Zweckentfremdung nicht einstelle, „wegen Vertragsverletzung kündigen“, weiß man beim Deutschen Mieterbund in Köln.

KATHARINA JABRANE