Fragen nur vom Moderator

Schulsenator Klaus Böger und Gymnasiasten redeten im Museum „Story of Berlin“ über Zuwanderung und Wirtschaft – und fühlten sich danach eher benutzt

Als der Moderator den Exbundeskanzler und Geldsammler Helmut Kohl für dessen Verdienste um die deutsche Wiedervereinigung lobt, lachen zwei Schüler kurz und höhnisch auf. Sie sind eingeladen, über das Thema Zuwanderung unter politischen und wirtschaftlichen Aspekten zu diskutieren – mit einem Prominenten oder so. Doch darf Staffage lachen?

Vor ihnen sitzen Schulsenator Klaus Böger und Kornell Krings, Chef des Ostgeschäfts bei der Dresdner Bank. Zu Wort kommen die Oberstufler von drei Berliner Gymnasien kaum. Das liegt am Moderator Hans Maierski. Der Geschäftsführer der historischen Erlebnisausstellung Story of Berlin und Gastgeber will einen großen Bogen schlagen: Immigration von den Hugenotten im 17. Jahrhundert bis zur Green Card heute. Die Schüler und Schülerinnen lässt er über Geschichte referieren, die Fragen an den Schulsenator stellt er lieber selbst.

Und das geht schief. Denn die Gymnasiasten interessiert viel mehr, wie die 25.000 türkischen Schüler und Schülerinnen an den Berliner Schulen besser integriert werden können. Böger sieht das Problem der Integration vor allem in der Sprache: Ein Drittel der jungen Türken haben keinen Schulabschluss. „Das ist ein verschenktes Begabungspotential, nur weil die nötige Sprachkompetenz fehlt“, so der Schulsenator. Insofern handele es sich auch um ein ökonomisches Problem. Böger verweist auch auf Schwierigkeiten beim Spracherwerb, die nicht in seiner Macht stehen: etwa dass viele Frauen erst zur Heirat aus der Türkei hierher kommen.

Bewegung kommt in die Gymnasiasten auch beim Thema Europa: Eine Schülerin bemerkt, dass die Möglichkeit der offenen Grenzen auf den ersten Blick zwar attraktiv sei. Doch wer in der zwölften Klasse ins Ausland gehe, werde damit bestraft, dass er das Jahr nachholen müsse. Böger versichert, Ziel der Schulpolitik sei es, dass jeder eine Fremdsprache fließend sprechen lernt. Und das verlorene Jahr im Ausland sei nicht mehr so schlimm, wenn die Schulzeit auf zwölf Jahre verkürzt werde. Die Auslandserfahrung sei schließlich jedem zu empfehlen: „aus persönlichkeitsbildenden und auch ökonomischen Gründen“, so Böger.

Am Ende sind die Schüler enttäuscht: Felix und Birger vom Barnim-Gymnasium vergleichen die Veranstaltung sogar mit einer Fernsehshow: „Die Diskussion war völlig durchkonstruiert. Wir haben hier doch nur eine Statistenrolle gespielt.“ Auch Böger gibt zu, dass die Diskussion sehr einseitig war, und bietet den Schülern und Schülerinnen am Ende an, sie in der Schule zu besuchen. Doch davon versprechen sich ihre Mitschülerinnen Dayana und Claudia nur wenig: Böger weiche doch nur den Fragen aus und schiebe Verantwortung ab. Und das finden sie gar nicht lustig. WIBKE BERGEMANN