die stimme der kritik
: Betr.: Lederwahnsinn erreicht Füße

Worin werden die Damen kramen?

Es ist der reine Wahnsinn. Nicht nur dürfen wir künftig kaum noch etwas essen, ohne Gefahr zu laufen, anschließend verrückt zu werden. Nein, der Rinderwahn wird uns demnächst auch das Laufen verleiden. Denn neue Schuhe werden wir uns bald nicht mehr leisten können. Der Hersteller Lloyd im niedersächsischen Sulingen wird vermutlich die Preise um etwa zehn Prozent anheben, sagte dessen Sprecher Andreas Schaller. „Die Beschaffung von Leder ist in den vergangenen Wochen und Monaten deutlich schwieriger geworden. Die Preise haben für die von uns verarbeiteten Häute um bis zu 40 Prozent zugelegt.“ Der Grund: Es seien weniger Rinder geschlachtet worden.

Das haben wir von jahrelangem Raubbau und verseuchter Industrielandwirtschaft. Die Natur schlägt zurück, unbarmherzig. Bald werden wir barfüßig umherschleichen, hungrig, auf der Suche nach unbelasteten Lebensmitteln. Unsere Hosen werden wir dabei mit Jutekordeln an die schmal gewordenen Hüften binden (Gürtel: unbezahlbar!). Worin werden die Damen künftig kramen? Jedenfalls nimmer in ihren ledernen Handtäschchen. Ein Volk von Veganern wider Willen werden wir sein.

Nun ja, das wäre alles zu verschmerzen. Wirklich katastrophal ist jedoch die absehbare Auswirkung des Rinderwahnsinns auf den sich erstens sowieso immer und zweitens nach der Rückkehr von Christoph Daum akut in Not befindenen deutschen Fußball. Wie sollen wir jemals wieder Europa- oder gar Weltmeister werden, wenn „das spielbare Leder“ (Moderatorendeutsch) künftig durch „das spielbare Plastik“ ersetzt werden muss?

Schuld will natürlich mal wieder niemand gewesen sein. Die taz geht allerdings einer hochinteressanten Spur nach: Hat die zurückgetretene Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer gar selbst die BSE-Krise ins Rollen gebracht, um sich nach ihrem von langer Hand geplanten Rückzug ins gemachte Nest einer florierenden Lederfirma zu setzen? Oder wie anders sollen wir uns die Firma „NetTie – Luxury Ties and More“ aus Hamburg erklären? Denn erstens steht „and more“ unter anderem auch für Gürtel. Und zweitens ist sie als „Fischer & Leder GbR“ eingetragen. Wir fordern Aufklärung!

Hilfe erhoffen wir uns dabei von der Fachorganisation „LCH“, dem „Leder-Club Hamburg“. Schließlich haben es sich die hanseatischen Lederfreunde zur Aufgabe gemacht, „die Anonymität in der Lederszene abzubauen“. Dann mal los! STEFAN KUZMANY