„Mit Tierschutz nicht vereinbar“

Thomas Schröder, Pressesprecher beim Deutschen Tierschutzbund, hält die EU-Pläne, europaweit rund zwei Millionen Rinder zu kaufen und schlachten zu lassen, für schieren „Vernichtungswahnsinn“

taz: Die EU plant die Massentötung von Rindern. Darf man so etwas überhaupt tun?

Thomas Schröder: Für uns ist diese jetzt angekündigte Aktion ein Vernichtungswahnsinn, der weder ethisch zu rechtfertigen noch mit dem Tierschutzgesetz vereinbar ist. Diese Maßnahme ist rein marktwirtschaftlich motiviert. Sie dient weder dem Verbraucherschutz noch dem Schutz vor BSE und schon gar nicht dem Tierschutz.

Aber die Rinder werden doch so oder so getötet, sei es um sie zu verbrennen oder um sie zu Wurst zu verarbeiten.

Wir möchten erreichen, dass die Verbraucher langfristig ganz anders mit Fleisch als Nahrungsmittel umgehen. Es ist ethisch nicht zu vertreten, wenn zwei Millionen Rinder, also hundertausende Tonnen Fleisch, zu Sondermüll degradiert werden. Diese Tötung stärkt der Agrarindustrie den Rücken, sie kann weitermachen wie bisher, denn der Preis für Rindfleisch wird dadurch stabilisiert.

Wo liegt denn der ethische Unterschied, wenn Rinder getötet werden, um daraus Wurst zu produzieren oder um so Überkapazitäten auf dem Fleischmarkt abzubauen?

Wir reden hier nicht von einer Ware, sondern von Mitgeschöpfen, die fühlen und leiden. Rinder haben ein Recht auf ein artgerechtes Leben. Tiere umzubringen, weil der Fleischpreis zu niedrig ist, das ist ethisch und rechtlich inakzeptabel.

Was sollte die neue Agrarministerin denn an Stelle der Massentötung tun?

Renate Künast muss dieser verbraucher- und tierfeindlichen Entwicklung unmissverständlich entgegentreten. Die Tiere haben ein Recht darauf, ihr „normales Leben“ artgerecht zu Ende führen zu können. Fleisch, das gegenwärtig nicht verkauft werden kann, sollte in Kühlhäusern eingelagert werden, anstatt es zu vernichten, auch wenn das nach unserer Auffassung ethisch immer noch fragwürdig bleibt.

Ist es nicht zu begrüßen, wenn die EU in dieser schwierigen Situation mit einer Tötungsprämie den Bankrott von Bauernhöfen verhindert?

Opfer sind nicht nur die Tiere und der Verbraucher, sondern eben auch der kleinbäuerliche Betrieb. Die Tötungsprämie stärkt nur der Agrarindustrie den Rücken, die mit ihrer Massentierhaltung den Preis nach unten gedrückt hat. Wenn wir schon mit riesigen Summen die Bauern subventionieren, dann nicht, um aus Tieren Sondermüll zu machen, sondern um eine Wende in der Landwirtschaft zu erreichen hin zu regional orientierten, kleineren Betrieben.

INTERVIEW: HOLGER DAMBECK