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der schweinepriester und das babe

von RALF SOTSCHECK

Irlands Landschaft ist bekannt für ihre vielen verschiedenen Grüntöne. Nun ist ein weiterer hinzugekommen. Seit voriger Woche werden Kühe getötet, wenn sie über 30 Monate alt sind, weil sie vielleicht Rinderwahn haben könnten. Eine nicht sehr elegante Art, den Rindfleischberg abzubauen, die auf keinerlei wissenschaftliche Erkenntnisse gestützt ist. Damit das Fleisch nicht doch noch in die Nahrungskette gerät, wurde es leuchtend grün eingefärbt – man kennt seine Pappenheimer.

Der Rinderwahn BSE ist, so vermutet man, durch verseuchtes Tiermehl ausgelöst worden. Das wissen auch die irischen Bauern. Der Staatssekretär für Landwirtschaft und Lebensmittel, Ned O’Keeffe sagte bei seinem Amtsantritt 1998: „Der Bauer ist sich jeden Tag mehr der Erfordernisse für Sicherheit und Qualität seiner Produkte bewusst.“ Für ihn selbst gilt das offenbar nicht.

O’Keeffe ist einer der größten Schweinezüchter auf der Grünen Insel. Seine Farm produziert rund 50.000 Schweinchen im Jahr. Und Sojamehl ist teuer, viel teurer als Tiermehl. Nun gibt es Ausnahmegenehmigungen für manche Höfe, die nach wie vor Tiermehl verwenden dürfen. Sie gelten für 17 von 750 Schweinezüchtern. Die Genehmigungen werden von O’Keeffe erteilt, und wie es der Zufall will, gehört seine eigene Farm dazu. So spart er 150.000 Pfund im Jahr. Im morgendlichen Radio-Interview wurde er neulich gefragt: „Als Staatssekretär haben Sie also kein Problem mit Schweinen, die Schweine fressen?“ Spätestens in diesem Moment ließ die Nation ihr traditionelles Frühstück aus Speck und Würstchen in den Mülleimer wandern.

Illegal sind die Aktivitäten des Staatssekretärs freilich nicht. O’Keeffe erklärte, dass sein Hof entgegen Behauptungen seiner Feinde nicht an einem Programm zur freiwilligen Qualitätskontrolle teilnehme. Schließlich habe sich die auf strenge Qualität achtende Firma Galtee Meats geweigert, Schweinefleisch von seinem Hof zu kaufen, sagte O’Keeffe ebenso stolz wie töricht. Darüber hinaus wisse er gar nicht so genau, was auf seinem Hof täglich vor sich gehe. Er sei zwar Eigentümer, aber das Tagesgeschäft besorgten andere. Sein Sohn Pat zum Beispiel, der seinem Vater anscheinend nicht viel darüber erzählt.

Einen Interessenkonflikt konnte O’Keeffe bei sich nicht erkennen. Im Dezember stimmte er im Parlament gegen einen Antrag der Labour Party, Tiermehl generell zu verbieten. Es war nicht das erste Mal, dass der Schweinepriester die Volksvertretung zum eigenen Vorteil missbrauchte – was in Irland ohnehin Tradition hat. Als der Film „Babe“ 1995 in die Kinos kam, forderte O’Keeffe ein sofortiges Verbot, weil das niedliche sprechende Schweinchen Kindern den Verzehr von Schweinefleisch verleiden könnte. Seitdem trägt O’Keeffe den Spitznamen „Babe“. Das irische Fernsehen RTE, mit dessen Reporterin Una Claffey sich O’Keeffe einmal eine handfeste Auseinandersetzung in der Parlamentskantine geliefert hatte, ist offenbar rachsüchtig: Zu Weihnachten 2000 setzte der Sender ausgerechnet „Babe“ aufs Programm.

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