Zeit für einen Wandel

betr.: BSE-Krise, die neue Verbraucherministerin Künast etc.

Diese Antwort ist zumindest zum Teil richtig. Bislang ist kein BSE-Fall aus einer der Tierfabriken öffentlich geworden. Warum? Weil diese Betriebe ihre Tiere im Alter von zwei bis drei Jahren verkaufen, zu einem Zeitpunkt also, an dem noch nicht die BSE-Infektion festgestellt werden kann. Sonnleitner weiß das – die Tatsache, dass er dies verschweigt, muss ein Schlag ins Gesicht der privaten Höfe sein. SVEN DÖRGE, Hünfeld

In der Umgestaltung des bisher immer von Bauernlobbyisten besetzten Agrarressorts in einen neuen Bereich für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft besteht eine wirkliche Chance für eine konstruktive Veränderung unseres Ernährungs- und Konsumverhaltens und der damit verbundenen Anbaumethoden! Künast ist vielleicht nicht gerade die Traumfrau, hat aber sicher ein gutes Standvermögen, das sie in diesem Bereich unbedingt braucht. Und sie muss ja nicht unbedingt eine Bäuerin sein, um mit Sachverstand und Durchsetzungsvermögen in diesen extrem schwierigen Bereich Bewegung bringen zu können, denn Bewegung ist notwendig! WALDEMAR KRAHL, Ottersberg

Die zurzeit entfachte Diskussion um einen radikalen Umbau der „industriellen“ Landwirtschaft möchte ich um ein paar Denkansätze bereichern:

1. Der Verbraucher hat es in der Hand, wo und zu welchem Preis er Nahrungsmittel bezieht, diese Macht hat er in den vergangenen Jahrzehnten sträflich zugunsten von Dumpingpreisen vernachlässigt.

2. Die angestrebte Neuorientierung der landwirtschaftlichen Produktionsweise wird erhebliche finanzielle Ressourcen beanspruchen, die von nationaler und europäischer Seite zu tragen sind, da beide Institutionen über Jahrzehnte hinweg eine konsequent industrialisierte Landwirtschaft gebetsmühlenartig gefordert und subventioniert haben.

3. Es müssen Absatzwege für die künftig zu erzeugenden naturbelassenen, aber eben auch teureren Nahrungsmittel generiert werden, dies kann nur mittels intensiver Aufklärung und Förderung von biologisch wirtschaftenden Betrieben geschehen.

4. Zu viele Laien, die von landwirtschaftlicher Produktionstechnik und deren Prämissen nicht die geringste Ahnung haben, fordern nun im Chor der aufschreienden Masse eine Umstellung aller Betriebe. Wie aber soll ein Betrieb in Ostdeutschland mit einer Anbaufläche von 1.000 Hektar und mehr ökologisch wirtschaften beziehungsweise den enormen Kostensteigerungsdruck aushalten und zudem noch für den Biobereich horrende Mengen ökologisch erzeugter Güter absetzen? Viele Betriebe dürfte dies bei überstürzter Handlungsweise der inkompetenten Ministerin in den Ruin führen.

5. Deutschland kann sich im Rahmen seiner weitgehend auf die europäische Ebene verlagerten Kompetenzen keinen Alleingang in Sachen Landwirtschaftspolitik leisten, viel zu sehr sind wir in das mafiöse System der Agrarindustrie eingebunden und brauchen daher ein europäisches Modell zur Reorganisation der Nahrungsmittelerzeugung.

6. Es muss im Übrigen einmal ganz deutlich gesagt werden, dass die Mehrheit der Landwirte mittelständisch und nachhaltig orientiert wirtschaftet und nichts mit den Agrofabriken zu tun hat, die seinerzeit die Krise durch profitmaximierende, umweltzerstörende Ausbeutung hervorgerufen haben.

Letztlich möchte ich noch einmal an alle Verbraucher appellieren: Nehmt selbst das Zepter in die Hand! Ihr allein entscheidet, was bei euch auf den Tisch kommt, und ihr habt bereits heute die Möglichkeit, euch mit biologisch erzeugten Nahrungsmitteln einzudecken. Es wird Zeit für einen Wandel im Bewusstsein aller!

HARALD HENKEL, Bioland-Hof, Felsberg

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