BETRÜGERISCHE WURSTHERSTELLER MÜSSEN ÖFFENTLICH GENANNT WERDEN
: Von der Theke her handeln

Der Verbraucherschutz ist genauso löchrig wie das Hirn eines BSE-Rindes im Endstadium der Krankheit. Kaum ein Tag vergeht, an dem den verängstigten Verbrauchern nicht die nächste Hiobsbotschaft mitgeteilt wird. Erst stellte sich heraus, dass auch Wurst, die auf dem ersten Blick nichts mit Rindern zu tun haben sollte, das gefürchtete Fleisch enthielt. Und dann noch, dass ein Teil der Wurstwarenhersteller um des lieben Profits willen betrügt und, oh Wunder der Technik, selbst Rinderwürste nachträglich als „garantiert rindfleischfrei“ deklarierte. Allein in Hamburg sind ein Viertel aller überprüften Produkte beanstandet worden. Zwar wurden, so heißt es aus den zuständigen Gesundheitsämtern, unverzüglich Rückholaktionen eingeleitet und geprüft, ob Strafanzeige gestellt werde. Das war es dann aber auch schon. Namen wurden nicht genannt.

Die Betrüger werden geschützt, die Betrogenen sind hilflos: Da die Verbraucher nicht wissen, ob ihre Wurst falsch etikettiert wurde, haben sie nicht einmal die Chance zur Rückgabe ihrer Ware. Transparenz vom Stall bis an die Ladentheke will unser Kanzler. Dazu gehört aber auch, dass die Schuldigen genannt werden, wenn von den Behörden Rindereien aufgedeckt werden.

„Wir haben nur einzugreifen, wenn eine akute Gesundheitsgefahr besteht“, verteidigt die Hamburger Gesundheitssenatorin ihre Weigerung, Namen von Schwindelherstellern zu nennen. Deutlicher kann man es nicht sagen: Erst wenn BSE die Wurst verseucht hat, werden auch wir aktiv.

So etwas darf doch nicht wahr sein. Damit werden die Rechte der Konsumenten mit Füßen getreten. Wenn Verbraucherschutz tatsächlich oberste Priorität haben soll, und das scheint derzeit ja über alle Parteigrenzen hinweg Konsens zu sein, dann müssen auch Beanstandungen im Lebensmittelbereich unverzüglich öffentlich gemacht werden, auch wenn keine konkrete Gesundheitsgefahr besteht. Der Verbraucher hat auch das Recht zu erfahren, ob ihm ein Hersteller falsch deklarierte Waren angedreht hat. Das Gleiche muss für Lebensmittel gelten, die widerrechtlich mit gentechnisch veränderten Rohstoffen verunreinigt sind. Bislang erfuhr man auch hier nur statistische Angaben; konkrete Herstellernamen wurden geheim gehalten. Ein öffentlich zugängliches Register, indem alle behördlichen Beanstandungen unverzüglich aufgeführt werden, könnte Abhilfe schaffen. Erst dann hätte der Verbraucher auch endlich die Möglichkeit, an der Theke mitzuentscheiden, wie unsere Lebensmittel hergestellt werden sollen.

WOLFGANG LÖHR