Wenn das Bett im Büro steht

Senat will Telearbeit fördern. Kleine Firmen sind bisher zurückhaltend  ■ Von Peter Ahrens

Wenn daheim die Tür zufällt, ist Feierabend. Kein Gedanke mehr ans Büro, an den Job, nur noch Privatleben. Peter Stellwagen macht das anders. Wenn er zu Hause sitzt, fängt für ihn an manchen Tagen die Arbeit erst an. Der PC steht in den eigenen vier Wänden, die Dienstanrufe nimmt er am eigenen Apparat entgegen. Peter Stellwagen ist allein erziehender Vater und Telearbeiter. Ein Vorzeige-Beispiel – zwei Tage in der Woche daheim und drei in der Firma, einer, der sagt: „Für mich das beste Modell.“ So einen präsentiert Gleichstellungssenatorin Krista Sager (GAL) gerne, denn der Telearbeit hat der Senat seine besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Gestern stellte Sager einen Leitfaden zur Telearbeit vor, der Firmen helfen soll, zwei, drei, viele Stellwagens zu schaffen.

Es sind längst nicht nur junge Väter und Mütter, die Hoffnungen auf die Verlagerung ihrer Arbeit nach Hause setzen. Die Vereinbarkeit von Kinderbetreuung und Job ist zwar ein wichtiges Motiv für die Nachfrage nach Telearbeit, aber auch PendlerInnen, die Fahrzeiten und Fahrtkosten sparen wollen, oder MitarbeiterInnen, die sich um pflegebedürftige Angehörige daheim kümmern müssen, erwarten sich von der Telearbeit Entlastung. Das Angebot dagegen, so stellt Sager heraus, ist noch gering. „Es sind zumeist Großunternehmen, bei denen das möglich ist – aber selbst da handelt es sich oft nur um Einzelfälle.“ Kleinere Unternehmen scheuen den organisatorischen Aufwand und, sich von alten Führungsstrukturen zu verabschieden. „Wer Telearbeit einführt, muss als Vorgesetzter umdenken“, formuliert Sager. Und das heißt: MitarbeiterInnen, die zu Hause arbeiten, entscheiden selbst, wie sie ihre Arbeitszeit einteilen – auch ohne den Chef im Rü-cken. Kontrolle erfolgt vielmehr über Arbeitsziele, die festgelegt werden. Wobei das oft nicht nötig ist: Leute, die Telearbeit machen, berichten, dass sie besonders am Anfang eher zu viel arbeiten, um zu beweisen, dass sie daheim nicht auf der faulen Haut liegen.

Umstellen müssen sich aber auch die Gewerkschaften. „Die tariflichen Regelungen sind problematisch“, sagt Hans-Joachim Schulz, der als Geschäftsführer der Beratungsstelle für Technologiefolgen und Qualifizierung BTQ den Leitfaden für den Senat erstellt hat. Wer sich mal eben am Sonntag zu Hause noch zwei oder drei Stunden an den Schreibtisch setzt, kommt mit den Tarifverträgen, die Sonntagsarbeit untersagen, in Konflikt. „Da braucht es klare Regelungen.“

Schulz favorisiert als Modell für die Zukunft die so genannte alternierende Telearbeit. Das heißt: Ein Wechsel der Arbeitsstelle zwischen Büro und eigener Wohnung. Denn wer nur noch zu Hause arbeitet, „dem entgeht nicht nur der ganze Kantinenklatsch“, wie Stellwagen weiß, der ist auch ganz schnell bei allen Betriebsinterna außen vor. Und wenn es ans Befördern geht, sind auch die HeimarbeiterInnen als letzte an der Reihe. Wer nie da ist, den übersieht man auch.