Das Wort „Konflikt“ fehlt künftig

■ In der ganzen Republik entstehen Beratungsstellen von Donum Vitae, nur in Bremen nicht / Die Begründung: „Kein Bedarf“

Donum Vitae in Bremen? Fehlt. Kein Bedarf, lautet die Auskunft der katholischen Kirche. Die wenigsten schwangeren Frauen seien bisher zu den Beratungsstellen der Caritas oder des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) gegangen, wenn sie einen Schein über die erfolgte Beratung – Voraussetzung für den legalen Schwangerschaftsabbruch – haben wollten. Das sagt Wilhelm Tacke, Pressesprecher der katholischen Kirche in Bremen.

Somit heißt das SkF-Büro in der Kolpingstraße seit Jahresbeginn nicht mehr Schwangerschaftskonfliktberatung, sondern Schwangerschaftsberatung. Das neue Schild ist gerade in Arbeit. Denn das Wörtchen „Konflikt“ heißt: Schein. Und den dürfen die SkF-Frauen ja nun laut Weisung oberster und oberer Hirten nicht mehr ausstellen.

„Wir sind beschnitten in einem wesentlichen Teil unserer Arbeit“, sagt Silvia Hoffmann-Dorenkamp von der SkF-Beratungsstelle. Wenn sie jetzt mit Frauen am anderen Ende des Telefons einen Beratungstermin vereinbart, sagen sie und ihre Kollegin Mechthild Olberding gleich dazu, dass sie über die Beratung keinen Schein ausstellen werden. „Ganze elf Scheine“ habe diese Beratungsstelle 1999 ausgestellt, sagt Wilhelm Tacke – gemeinsam mit den Beratungsstellen der Caritas in Bremen-Nord und Bremerhaven seien etwa 50 Scheine von der katholischen Kirche ausgestellt worden. Abtreibungswillige, so Tacke, gingen eh gleich zu Pro Familia. Bei den Pro-Familia-Beratungsstellen wurden 1999 rund 1.800 in Bremen-Stadt, noch einmal etwa 800 in Bremen-Nord und in Bremerhaven ausgestellt.

Das Reden über Zahlen ist Olberding und Hoffmann-Dorenkamp nicht angenehm. Denn dann, so fürchten sie, hieße es: „Warum regen die sich eigentlich auf?“ „Aber wir regen uns nicht auf wegen der geringen Zahl“, sagt Mechthild Olberding, „sondern überhaupt“. „Wegen der Entscheidung in Deutschland und darüber, dass es der katholischen Kirche nicht gelungen ist, eine andere Entscheidung zu treffen“, ergänzt Silvia Hoffmann-Dorenkamp. Denn der Ausstieg aus der gesetzlichen Beratung sei „einfach nicht frauenfreundlich“.

Gudrun Steenken von der Familien- und Lebensberatung der evangelischen Kirche (BEK), die die Konfliktberatung nach wie vor anbietet, berichtet von dem gemeinsamen Arbeitskreis aller Bremer BeraterInnen: „Wir haben alle ein ähnliches Beratungsverständnis.“ Sie erläutert den Konflikt, dem die katholische Kirche jetzt ausgewichen ist: „Zum einen muss ich ein Gespräch ja zielorientiert führen, nämlich alles tun, um die Frau dabei zu unterstützen, dass sie sich ein Leben mit dem Kind vorstellen kann.“ Gleichzeitig aber habe das Gespräch „ergebnisoffen“ zu sein. Das heißt, die Entscheidung der Frau ist zu akzeptieren. Steenken: „Ich bin selber meinem Gewissen verantwortlich, wie ich das Gespräch führe.“ Gespräche auf der Basis, das Kind ist zu bekommen, stellt sie sich „sehr schwierig“ vor“.

Die Existenz der katholischen Beratungsstelle ist indes bis auf weiteres gesichert. Zwar entfällt künftig die Landesförderung mit rund 95.000 Mark pro Stelle und Jahr, denn die ist unter anderem auch an die Scheinvergabe gebunden. Aber die Bischöfe – Bremen-Stadt einerseits sowie Bremen-Nord und Bremerhaven andererseits gehören zu zwei verschiedenen Bistümern – wollen die Beratungsstellen auf jeden Fall drei weitere Jahre finanzieren.

Silvia Hoffmann-Dorenkamp und Mechthild Olberding arbeiten unterdessen weiter – Beratungsbedarf für Schwangere gibt es genug. „Die Arbeit mit den Frauen ist wichtig“, sagt Silvia Hoffmann-Dorenkamp, „eine spannende Arbeit, auch eine politische Arbeit. Denn für Frauen und Kinder sieht es in unserem Land nicht so toll aus.“ Susanne Gieffers

Die SkB-Beratung ist zu erreichen unter % 33 57 20, die Familien- und Lebensberatung der BEK, die wie Pro Familia nach wie vor auch die Konfliktberatung anbietet, ist unter % 33 35 63 zu erreichen, Pro Familia unter % 340 60 60.