Handysitter gesucht?

Im einem Schöneberger Restaurant gibt es Aufpasser für Funktelefone. So können die Gäste ungestört essen. Noch läuft die Testphase für den Service

von KIRSTEN KÜPPERS

Das Funktelefon ist für viele Leute wie ein kleiner Freund. Seine Eigenschaften erinnern an die von Kindern oder Haustieren: Funktelefone sind winzig, wollen überallhin mitkommen und piepsen. Manchmal gehen sie auch auf die Nerven, weil sie zu viel Lärm machen. Das Funktelefon aus dem Fenster zu werfen, traut man sich indes auch wieder nicht. Überfordert von den Zeiterscheinungen moderner Kommunikationsgesellschaften, läuft man durch Berlin.

In diese Marktlücke stößt jetzt die Handy-Firma Blutel. Sie hat den Service eines Handysitters im Angebot. Eine Testphase für die neue Dienstleistung läuft seit einer Woche im Schöneberger Restaurant Shima. Das elegante Lokal bietet Shitake-Pilzcreme-Suppe mit Zuckerschoten, Sessel mit Leopardenmuster und eine Ananas auf der Cocktail-Theke. Der neue Beruf des Handysitters präsentiert sich als kleine Gruppe junger Leute anfang zwanzig, die in einer Ecke gelangweilt auf Barhockern herumsitzen. Sie sind Auszubildende bei Bluetel und tragen blaue Hemden mit dem Firmen-Logo. Vor ihnen liegen drei Funktelefone. Sie seien speziell geschult, sagen die Handysitter, und könnten jeden Telefontyp bedienen.

Kommt ein neuer Gast herein, stürmt einer der freundlichen jungen Menschen los und präsentiert sich als Funktelefon-Aufpasser. Restaurantbesucher könnten ihr Handy bei ihm abgeben, sagt der Bluetel-Lehrling. Wenn es klingelt, gehe er ran und nehme die Nachrichten entgegen. Die Gäste könnten inzwischen in Ruhe die Flugente essen. Und kein anderer im Restaurant werde wegen Telefongeräuschen sauer.

Die meisten Besucher reagieren auf dieses Angebot mit unsicherem Lachen. Nervös nestelt man an der Manteltasche. Viele haben überhaupt kein Handy. Die meisten anderen schalten ihr Gerät einfach aus, wenn sie nicht gestört werden wollen. Traurig trollt sich der ungebrauchte Handysitter wieder an seinen Platz.

Im Laufe des Abends geben einige Gäste ihr Telefon aber doch in Pflege. Namen und Tischnummer der Handybesitzer werden notiert. Das Telefon liegt auf dem Handysitter-Tisch. Und die Bluetel-Leute hoffen auf ein Klingeln, damit sie endlich etwas zu tun haben. Nur selten wird es lustig.

Immerhin hatten sie einmal Anrufer mit folgender Mitteilung am Telefon, berichten die Handysitter stolz: „Richten Sie ihr aus, dass ich mich darauf freue, sie zu vernaschen.“ Neben der entsprechenden Dame saß indes der Ehemann. Die Handysitter mussten vertraulich und mit Zettel operieren. Die Frau wurde trotzdem rot. Und die Funktelefon-Aufpasser hatten endlich etwas erlebt.

Zwanzig Mark die Stunde muss das Shima einem Handysitter in der Stunde bezahlen. Wenn die Gäste den Service in der Testphase nicht ausreichend annehmen, wird das Angebot diese Woche wieder eingestellt. „In den USA ist Handysitting allerdings schon eine ganz übliche Dienstleistung“, sagt ein Bluetel-Mitarbeiter.