Mehr Lockerheit

Warum nicht einfach mehr diskriminieren? Ausdrücke umdeuten hilft dabei  ■ Von Eberhard Spohd

Wieder so ein Schwuchtel-Weekend in der Stadt.

Na, aufgewacht? Keine Angst, dieser Satz ist gar nicht schwulenfeindlich gemeint. Es geht auch nicht um den Christopher-Street-Day. ,Schwuchtel' ist fränkischer Slang für Langeweile. Behauptet zumindest Eric Markuse, der stellvertretende Chefredakteur der Hamburger Morgenpost, dem boulevardesken Möchtegern-Konkurrenzblatt der taz hamburg. In dieser Zeitung begann gestern der Artikel „Boarden ist hammmmer“ (sic!) mit obigem Zitat.

Das bedauert Markuse. Eigentlich habe er den Satz „rausredigiert“, mit dem der leichtfertige, fränkische Autor so mundartlich-locker eingestiegen war. Schließlich sei ihm schon bewusst, dass das Wort ,Schwuchtel' in Hamburg ganz anders konnotiert sei.

Eigentlich schade. Welche wunderbaren neuen Formen könnte die Berichterstattung annehmen. Vor allem die Politik-Seiten ließen sich metaphernmäßig erheblich launiger an. Eine gewisse Lockerheit müsste da vielleicht vorab von den Objekten journalistischer Begierden eingefordert werden, dann aber dürfte fröhlich fantasiert werden. Jeden Samstag könnte der erfolgreichste Senator – „Mirow: The A380 has landed“ – zum Zuckerpüppchen der Woche gekürt werden. Und wenn Anthony Yeboah, befreit aufspielend, in der Bundesliga endlich wieder einmal den Ball ins Tor schießt, böte sich die Titelzeile „Uns' Bimbo trifft wieder“ geradezu an.

Immerhin zeigt Markuse sich einsichtig und entschuldigt sich: „Das Zitat ist schwachsinnigerweise drin geblieben. Wir werden da-rüber sprechen, denn im Moment rutscht uns ein bisschen viel durch.“ Das täte ihm leid. Wir haben für so etwas Verständnis, schließlich sind die Mopo-Kollegen personell fast so unterbesetzt und überlastet wie wir von der taz. Nur dass man in der Griegstraße darüber nicht spricht und auch keine Abo-Kampagnen anleiert.

Am allerschönsten aber: Der Artikel „Boarden ist hammmmer“ (sic!) erschien in der Serie „MoPower – Fitness für Hamburg“. Doch anstatt Tipps für Turnübungen gegen Bauchansatz oder Trainingsanleitungen für Marathonis findet die geneigte Leserin die angeblich bes-ten Internet-Adressen zum Thema Snowboarden.

Genau die Art von Fitness, die mir am meisten behagt: Vor dem Computer sitzen, Bilder von Menschen anschauen, die sich auf besonders gefährliche Weise steile Hügel hinunterwerfen, dabei Pizza futtern und stattlich dick werden: Man mag mich einen schwuchteligen Snowboard-Verächter nennen, aber das ist ein Mega-Plaisir.