Brennt immer

Sparsamer König von Lummerland: „Jim Knopf und die Wilde 13“ im Stella Musical Theater am Potsdamer Platz

Als am Ende des Musicals Konstantin Wecker auf die Bühne tritt, um sich seinen Applaus abzuholen, hätte ich meinen sechsjährigen Co-Rezensenten Paul am liebsten gefragt, ob er Christoph Daum oder den armrudernden Wecker besser fände. Dann sprang aber plötzlich auch noch Katja Riemann im modischen Top auf die Bühne und sang so was wie: „Hoffnung für die Kinder, diese Welt gehört uns“.

Ich glaube nicht, dass Paul diesen Text verstanden hat, obwohl er versuchte, ihn mitzusingen. Ansonsten gab er in der Pause des zweistündigen Stücks dem Sender tv-b souverän ein Interview und erklärte, am besten habe ihm der König gefallen. Außerdem äußerte er fix die Vermutung, das ganze Stück sei vom König.

Was ziemlich schlau war, denn der Darsteller des Königs ist Christian Berg, der auch dieses zweite „Jim Knopf“-Musical geschrieben hat. Berg hat dieses Stück – vom „Jim Knopf“-Autor Michael Ende gab es schon in den Sechzigern eine 160-seitige Bühnenfassung – vor allem für Kinder geschrieben, aber auch für Erwachsene. „Heute, wo die Kinder nicht mehr so lange zuhören können, hat unsere Version nur 40 Seiten.“

Berg setzt von Beginn an auf Publikumsbeteiligung. Ein Herr („Dieter“) aus der zweiten Reihe wird vom König zum Briefträger mit eigenem Text gekürt. Die Kids dürfen pusten, um den Wind zu machen und die Eltern sollen aufstehen, mit den Armen wedeln und Wolken sein. Berg, „das Kind unter Kindern“, ist nicht nur Autor, sondern auch Chef dieser Produktion.

Die Phantasie der Kinder mag seine doch recht spärliche Bühnendeko anregen, dem erwachsenen „Jim Knopf“-Fan kommt bei den wenigen Utensilien, die für die Darstellung der Insel Lummerland reichen, doch der Verdacht der extremen Sparsamkeit. Immerhin tourt die Produktion drei Monate durch ganz Deutschland. Bis auf zwei Lokomotiven aus Pappe (Paul fand den „echten Rauch“ aus den Schornsteinen toll) steht oft kaum was auf der Bühne.

In der Episode mit den 13 Seeräubern auf einem Schiff sind nur drei Seeräuber keine Pappkameraden. Das würde Paul auf alle Fälle ändern. Ein großer Räuberchor wäre toll, und wenigstens ein paar Schienen auf der Bühne.

In Bergs Produktion spart man nicht nur an Räubern. Die sechs Schauspieler müssen sogar Kulissen schieben. Die Poesie auf einer so großen Bühne entsteht nicht aus einfachen Lichteffekten. Da war die Augsburger Puppenkiste mit ihrem Meer aus Plastikplanen effektiver.

Paul allerdings meinte hinterher beim „Asia-Grill“ in den Arkaden, da sei doch Meer hinter der Bühne gewesen. Dann wollte er zum vierten Mal den TV-Namen seiner Interviewer wissen. Lustig fand Paul auch, dass BSE im Stück vorkommt (er selbst ist Vegetarier) und ein Pokemon auch einmal. Der Gesang ist zwar live, die Musik aber kommt vom Band. Und außer der guten alten Lummerland-Nationalhymne ist keines der Stücke ein echter Mitsinghit.

Wenn man das „He Hoh“ oder begeisterte Mitklatschen der Kinder betrachtet, dann war es ein tolles Stück. Die dürre, episodenhafte Struktur dieses „Jim Knopf“ hat sich aber in meiner Fantasie zu nichts zusammengereimt. Paul dagegen hat bestimmt von Lummerland geträumt. ANDREAS BECKER

„Jim Knopf und die Wilde 13“: Do. u. Fr.14.30 Uhr, Sa. 10 Uhr, So. 9.30 Uhr, bis4. 2. im Stella Theater, Potsdamer Platz