Das Projekt 4,8 Prozent

Jürgen W. Möllemann ist als Redner in der Stadt und macht kräftig Werbung in Sachen Jürgen W. Möllemann  ■ Von Peter W. Ahrens

Der Hoffnungsträger trinkt Holsten. Kein guter Start in den Mittag. Bei Holsten steht dick auf dem Etikett 4,8 Prozent drauf, nicht einmal fünf, geschweige denn 18 Prozent. Und 18 Prozent, da steht er drauf, der Jürgen W. Möllemann, das ist seine zweitneueste Grille gewesen, mit der er die Medien beschäftigt. Seine neueste ist die mit dem eigenen Kanzlerkandidaten der FDP. Der aus seiner Sicht ruhig Jürgen W. mit Vornamen heißen darf. Der dröge Hamburger FDP-Spitzenkandidat Rudolf Lange sitzt neben dem Podium, an dem Möllemann steht und redet, und klatscht sich die Angst fort. Die Angst, dass ein PR-Berater auf die Idee kommen könnte zu sagen: Lange, so wie der Möllemann, so musst du auch auftreten. Das wäre sein Albtraum.

Die Arbeitsgemeinschaft selbstständiger Unternehmer, die sich so abkürzt wie Abgassonderuntersuchung, hat zur Mittagsstunde in den Ratsweinkeller geladen: Grünkohl mit Pinkel und Möllemann. Letzterer weiß, dass er hier keine große Überzeugungsarbeit leisten muss: Vor ihm sitzen saturierte Mittelständler, denen Betriebsräte ein Gräuel sind, die nur das Wort privat hören und schon die Hände zum Applaus ausfahren. Am Tisch unterhält man sich leise über Bridge-Runden und das Galoppderby.

Möllemann-Reden gruppieren sich um drei feste Elemente: Schalke 04, Fallschirmspringen und Möllemann. Darum lassen sich bequem Subventionsstopp für „die vermaledeite Steinkohle“, Kampf gegen die Ökosteuer und die „Kuschelpädagogik“ einflechten. Und wenn dann noch etwas Platz ist, rutscht auch noch die „Affenschande, auf den Transrapid zu verzichten“ und „der unglaubliche Umstand, dass unsere Industrie gezwungen wird, die modernsten Atomkraftwerke, die wir haben, abzuschalten“ unter. Ein Kessel Buntes aus dem Schatzkästchen des Wirtschaftsliberalen – und alles nur Beiwerk für die drei Essentials.

Erstes Essential: Schalke. „Das ist mittlerweile ein veritables mittelständisches Unternehmen.“ Trifft sich gut, dass „auch die FDP gerade auf dem besten Wege ist, sich vom kleinen zum mittelständischen Betrieb zu entwickeln“. Seine Frau sei HSV-Fan. Man kann annehmen, dass sie beim Vortrag in München Bayern-Fan ist.

Zweites Essential: Der Fallschirm. Die ASU sucht noch Spenden für ihre Tombola, hat Mölli erfahren. Da hat er was. „Ich spende einen Tandemsprung aus 3000 Meter Höhe mit mir als Begleiter.“ Aber bitte nicht über einer Wasserfläche, „sonst schreiben die Zeitungen: Möllemann geht baden.“

Drittes und Hauptessential: Möllemann. Er behauptet, es sei ein „Vorurteil, dass Politiker lieber auf ein Treffen mit einer schönen Frau verzichten, als nicht noch ein paar Sätze in ein Mikrofon zu sprechen.“ Bevor er nach seinem Vortrag entschwindet, sagt er noch ein paar Sätze in ein ZDF-Mikrofon.