Die Liste ließe sich fortsetzen

betr.: „Liebe und Prügel für Fischer“, taz vom 6./7. 1. 01, „Auf Joschkas Spuren“, taz vom 13./14. 1. 01 (S. 4, 7, 32)

Dass gewisse Medien eines Tages die Chaoten-Vergangenheit des damals 25-jährigen Joschka Fischer ausgraben würden, liegt wohl in der Natur der Sache und ist das Recht der Medien. Dass dann besonders die CDU genüsslich ihren Honig daraus saugen würde, war nicht anders zu erwarten. Dabei hat die CDU dem deutschen Volk und der Weltöffentlichkeit ungleich Schlimmeres zugemutet. Hier offenbart sich wieder die bekannte Denkweise der CDU, nämlich eine aktive Nazivergangenheit als lässliche Jugendsünde abzutun, die man schnell entschuldigt und noch schneller vergisst, eine „linke“ Vergangenheit aber als lebenslang untilgbares Schandmal zu betrachten.

Es sei nur an einige Beispiele erinnert: An einer der entscheidenden Schaltstellen der Macht in der Bundesrepublik saß unter Konrad Adenauer jahrelang der Staatssekretär (heute wäre er Kanzleramtsminister) Hans Maria Globke, Autor und Kommentator von Hitlers Judengesetzen.

Nachfolger Globkes im gleichen Amt war Ludger Westrick, wegen seiner Verdienste um die Vorbereitung des Zweiten Weltkrieges von Hitler zum Wehrwirtschaftsführer ernannt, während des Krieges schlimmster Ausbeuter von ausländischen Zwangsarbeitern, darunter 13-jährigen Kindern. Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit war lange Zeit Karl Friedrich Vialon, der sich während des Krieges um die Konfiszierung des Vermögens der im Baltikum ermordeten Juden „verdient“ gemacht hatte. Vertriebenenminister in Adenauers Kabinett war jahrelang Theodor Oberländer, Teilnehmer am Hitler-Putsch von 1923, später aktiver Vorkämpfer von Hitlers Ostpolitik, während des Krieges verantwortlich (unter vielem anderen) für das Bataillon „Nachtigall“, das in den besetzten Ostgebieten Tausende von Morden unter der Zivilbevölkerung begangen hat.

Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Dass uns Helmut Kohl als Bundesinnenminister (!) einen Mann präsentierte, der sich verminderte Zurechnungsfähigkeit (§ 51 StGB) bescheinigen lassen musste, um damit einer Verurteilung wegen Meineids zu entgehen, wirkt neben diesen Ungeheuerlichkeiten fast wie eine Lappalie. Ein Wort der Entschuldigung, wie es Angela Merkel jetzt von Joschka Fischer verlangt, haben wir von der CDU nie gehört.

ULRICH UFFRECHT, Buxtehude