Er regierte das Land wie ein Guerillachef

Der gestürzte kongolesische Präsident hat es immer wieder geschafft, sich selbst zu ruinieren. Der riesige Kongo fiel Kabila 1997 praktisch in den Schoß. Er hinterlässt ein ausgeplündertes Land und ein privates Geschäftsimperium

BERLIN taz ■ Laurent Kabilas gewaltsamer Tod bedeutet das endgültige Scheitern eines totalitären Machtsystems in den Händen eines Mannes, für den die Uhren in den Sechzigerjahren stehen geblieben waren. Er war ein Überzeugungstäter und hat sich nie durch Sinn für Kompromisse ausgezeichnet. Vielmehr begann seine Karriere, wie sie endete: mit Gewalt.

Kabila wurde 1964 Führer seiner Partei „Balubakat“, nachdem sein Vorgänger ermordet wurde. Als Guerillaführer machte er einen schlechten Eindruck auf den kubanischen Besucher Che Guevara. Er gründete schließlich 1967 seine eigene „Partei der Volksrevolution“ (PRP), mit der er 18 Jahre lang ein winziges „befreites Gebiet“ im Südosten Zaires leitete. 1985 vertrieben ihn die lokalen Bewohner. Sie hatten genug von Hexenjagden, wahllosen Hinrichtungen und Kabilas Weigerung, die Einnahmen aus den Goldminen zu teilen.

Es brauchte die unsichtbare Hand der Präsidenten von Uganda, Ruanda und Tansania, bis Kabila 1996 seine politische Wiederauferstehung feierte. An die Spitze einer Rebellenallianz gehievt, eroberte er mit ruandischer und ugandischer Hilfe das riesige Zaire innerhalb von acht Monaten. Das von ihm in „Demokratische Republik Kongo“ umbenannte Land von 50 Millionen Einwohnern hatte plötzlich einen Präsidenten, von dem die meisten Kongolesen nie gehört hatten.

Kabila regierte das Land, als sei es eine Guerillabewegung. Er traute niemandem. Er setzte auf persönliche Macht und seine persönlichen Freunde. Er erniedrigte seine geschlagenen Gegner, anstatt ihnen eine zweite Chance zu geben. Er duldete nicht, dass jemand sich klüger gab als er selbst. Er verärgerte alle seine mächtigen Freunde. Kein Wunder, dass 1998 ein neuer Krieg ausbrach – bei dem diesmal Ruanda und Uganda Kabilas Gegner unterstützten. Aus seinen Fehlern lernte Kabila auch dann nicht. Am Schluss misstraute er sogar den Generälen aus seiner Heimatprovinz Katanga. Dies war ein fataler Irrtum. Wieder einmal ist Kabilas Machtsystem von innen aufgefressen worden.

Kabila hinterlässt ein Land im Elend, das schwere Hungersnöte befürchten muss. Wenige Kongolesen werden den Tod eines Tyrannen beweinen, der zwar viele revolutionäre Wörter im Gepäck hatte, sich aber in den kurzen Jahren seiner Macht ein Imperium aus Bergwerken, Banken und Fluglinien gebaut hat, um dessen Reste sich die Hinterbliebenen jetzt streiten werden.

FRANCOIS MISSER