Ein Toter regiert den Kongo

Nach dem offenbar erfolgreichen Attentat auf Kongos Präsident Kabila tragen die möglichen Nachfolger ihren Machtkampf mit widersprüchlichen Versionen seines Todes aus

BERLIN taz ■ Der mutmaßliche Tod von Kongos Präsident Laurent-Désiré Kabila treibt kongolesische Politiker und deren Beobachter zu Glanzleistungen der Manipulation. Sicher ist lediglich, dass am Dienstagnachmittag bei einem Treffen mit hohen Militärs in seiner Privatresidenz auf Kabila geschossen wurde. Aber war er gleich tot? Oder erst am Abend? Oder erst gestern? Oder noch überhaupt nicht?

Er soll von einem Leibwächter erschossen worden sein, heißt es in der ersten Version des Ereignisses, die über afrikanische Geheimdienste kolportiert wurde. Er sei in den Rücken, in ein Bein und in den Arm geschossen worden und dann im Krankenhaus verstorben, heißt es in einer anderen, die sich gestern Früh auf Mitglieder seiner Leibgarde berief. Er habe seinen Sohn Joseph Kabila aufgefordert, Vizeverteidigungsminister Dieudonné Kayembe zu verhaften, der dann sofort seine Waffe gezogen habe, berichtete in der Nacht eine belgische Nachrichtenagentur. Er sei schwer verletzt nach Simbabwe geflogen worden, behauptete gestern Mittag Kabilas Regierungssprecher. Er sei unterwegs gestorben, berichtete daraufhin eine simbabwische Nachrichtenagentur. „Die Regierung wünscht dem Präsidenten eine schnelle Genesung und eine rasche Rückkehr“, erwiderte am Nachmittag der Sprecher.

Der Kampf der Legenden begleitete einen beginnenden Machtkampf um Kabilas Nachfolge, bei dem die Leugner von Kabilas Tod auf möglichst große Kontinuität setzen. Regierungssprecher Dominique Sakombi verkündete gestern die Ernennung von Kabilas Sohn Joseph zum neuen Präsidenten. „Generalmajor“ Joseph Kabila gilt als völlig inkompetent und ist entsprechend unbeliebt. Seine Beförderung gilt als Versuch von Kabila-Loyalisten, eine Machtübernahme unzufriedener Militärs abzuwenden. D.J.

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