„Die Art der Produktion ist gesünder“

Dirk Wendland, Agrarexperte bei der Verbraucherzentrale in Nordrhein-Westfalen, über Qualität und Preis von Ökolebensmitteln

taz: Was soll ich kaufen – ökologische Lebensmittel oder herkömmliche?

Dirk Wendland: Natürlich ökologisch hergestellte Lebensmittel – jedenfalls da, wo Sie den Zugriff haben und wo Sie sich das leisten können.

Und warum? Weil die gesünder sind als herkömmliche?

Nein, nicht deshalb. Es gibt eine Reihe von Untersuchungen, die versucht haben, genau das festzustellen. Das ist nur in ganz wenigen Einzelfällen gelungen. Beim Salat zum Beispiel. Da hat man festgestellt, dass die Nitratbelastung im Durchschnitt geringer ist. Die pauschale Aussage „Ökoprodukte sind gesünder“ stimmt jedoch so nicht.

Warum soll ich sie dann kaufen?

Weil die Art der Produktion gesünder ist – für die Umwelt, für diejenigen, die mit der Landwirtschaft selbst zu tun haben, und für die Tiere, die in der Landwirtschaft gehalten werden.

Aber es gibt keine Qualitätsunterschiede im konkreten Produkt?

Doch. Viele Kantinenwirte berichten zum Beispiel, dass Gemüse, Salate und Kartoffeln aus ökologischem Anbau, wenn sie verarbeitet sind, eine höhere Standzeit haben. Das heißt, der Salat fällt nicht sofort in sich zusammen.

Wie ist das bei Fleisch aus ökologischer Produktion?

Das Fleisch stammt von Tieren, die artgerecht gehalten werden – das heißt, sie haben unter anderem mehr Platz im Stall. Vielen Verbrauchern ist bei der Entscheidung beim Fleischkauf besonders dieser Aspekt sehr wichtig. Ökobauern verzichten außerdem im Gegensatz zu konventionellen Landwirten auf den Einsatz von Antibiotika zur Leistungssteigerung. Sie setzen diese, wenn überhaupt, nur zur Behandlung akuter Krankheiten ein. Im konventionellen Landbau hat das einen anderen Zweck: Durch die prophylaktische Verabreichung von Antibiotika werden die Darmbakterien der Tiere beeinflusst, damit sie in kürzerer Zeit mehr zunehmen. Möglicherweise entwickeln sich so jedoch Resistenzen, die in mehreren Schritten auch auf den Menschen übertragen werden könnten. Die Ökobauern nehmen diese Gefahr ernst.

Warum sind Ökoprodukte teurer?

Das hat im Wesentlichen zwei Gründe. Erstens ist der Arbeitsaufwand wesentlich größer, den Sie einsetzen müssen, als im konventionellen Landbau. Dort hat man im Laufe der Jahre versucht, immer mehr teure menschliche Arbeitskraft durch Maschinen zu ersetzen. Das geht im ökologischen Landbau wegen der selbst gesetzten Produktionsstandards nicht. Zweitens sind die Erträge geringer als im konventionellen Bereich, sowohl im pflanzlichen als auch im tierischen Bereich.

Haben Sie in der Folge der BSE-Krise Ihre Ernährung umgestellt?

Ich verzichte jetzt auf Wurstprodukte. Und ich kaufe, wo es möglich ist, aus ökologischer Produktion.

INTERVIEW: STEFAN KUZMANY