Schulpolitische Orientierungsversuche
: Neu: Direkt nach der Grundschule aufs Alte Gymnasium

■ Neben dem Kippenberg-Gymnasium bietet nun auch das Alte Gymnasium den schnellen Weg zum Schulabschluss: Informationsabend über die „gymnasiale Orientierungsstufe“ und das Projekt des „Schnellläufer-Abiturs“ nach zwölf Schuljahren

Anfang Februar wird am Alten Gymnasium erstmals für alle interessierten Grundschüler-Eltern das neue Konzept der „gymnasialen Orientierungsstufe“ vorgestellt. Während bisher das Alte Gymnasium (AG) erst mit der siebten Klasse begann, weil in Bremen die „Orientierungsstufe“ für alle verbindlich sein sollte, können ab sofort schon Schüler der vierten Grundschulklasse sich am AG anmelden.

Für einen Teil dieser OS-SchülerInnen soll es dann die Möglichkeit geben, als „Schnellläufer“ das Abitur nach insgesamt zwölf Schuljahren zu machen. Das Alte Gymnasium bietet daneben aber auch das normal gymnasiale Curriculum an.

Die Schüler des derzeitigen siebten Jahrganges am AG hätten das Projekt „Abitur nach zwölf Jahren“, das für sie zu spät kommt, überwiegend befürwortet. „Man kann so schon schneller in das Berufsleben einsteigen“, ist die Meinung eines der 12-Jährigen. „So können endlich mal begabte Schüler richtig gefördert werden“, meint ein anderer Siebtklässler. Aber auch kritische Stimmen sind von den Schülern zu hören. „Bei einem Abitur nach zwölf Jahren lernt man weniger unter größerem Druck“, fürchtet ein anderer. Den noch sehr jungen Schülern könnte zudem „die Entscheidung über das Abitur nach zwölf oder dreizehn Jahren von den Eltern abgenommen werden“, befürchtet ein weiterer Kritiker unter den Schülern.

Herbert von der Heide, der Schulleiter des AG, geht davon aus, dass im Vergleich zur herkömmlichen Orientierungsstufe besonders in den Klassen fünf und sechs Zeit gewonnen werden kann. Am AG soll nicht eine übliche, sondern eine „gymnasiale Orientierungsstufe“ für besonders begabte SchülerInnen eingerichtet werden, die dann die Verkürzung der Schulzeit um ein Jahr für einen Teil der SchülerInnen ermöglicht. „Es wird auf jeden Fall schwieriger werden als das Abitur über die bisher üblichen dreizehn Jahren“, verdeutlicht von der Heide die Anforderungen an die neuen „Schnellläufer“.

Beim Curriculum wird es keine Umstrukturierung geben. Englisch wird planmäßig ab der fünften Klasse unterrichtet. Das Fach Latein, das Schulleiter von der Heide als eine „Besonderheit der Schule“ ansieht, wird für die Schnellläufer genauso verbindlich sein wie für die anderen. Kein Problem sieht er in der Auswahl der dritten Fremdsprache, die ebenfalls Pflicht ist und bleibt. Die Bedenken, die Schüler könnten durch das weggefallene Jahr zu jung sein, um sich zu entscheiden, hält er für „nicht zutreffend“, da „in den meisten Fällen sowieso die Eltern für die Schüler entscheiden“. Das Alte Gymnasiumpflegt sein Sprachen-Profil: „Mit der richtigen Methode geht der Sprachen-Frühbeginn sehr gut“, sagt von der Heide.

Hat das AG die erforderlichen Räume für letztlich mehrere zusätzliche OS-Klassen? Man werde „zunächst noch kein Raumproblem bekommen, da man auch einen Fachraum für Kunst entwidmen könnte“, meint der Schulleiter. Später „müssten aber schon neue Räume her“. Auch für die Lehrer in Bremen dürfte die neue Orientierungsstufe eine gute Nachricht sein, weil neue Lehrer gebraucht werden – allerdings erst später. „Die Frage der Neueinstellung von Lehrern wird man auf November verschieben“, sagt von der Heide, wenn nämlich für das nächste Schuljahr geplant wird.

Der wesentliche Grund für die schnelle Entscheidung der Schulpolitik, am Alten Gymnasium eine Orientierungsstufe zu erlauben, sei „das Überangebot von Schülern, die auf das Kippenberg-Gymnasium gehen wollen.“ Das Alte Gymnasium bietet so eine Alternative. Von der Heide sieht allerdings keinen Konkurrenzkampf der beiden Schulen, da das Kippenberg-Gymnasium eher „für Schüler aus dem Gebiet Schwachhausen gelte und das Alte Gymnasium auch viele Schüler aus überregionalen Gebieten unterrichtet.“

Den Wunsch, wieder eine gymnasiale Orientierungsstufe anbieten zu können, hatte das AG schon vor dem Kippenberg formuliert. „Die Bildungssenatorin Bringfriede Kahrs hat dies abgelehnt“, ärgert sich von der Heide ein wenig. Im Sommer 1999 wurde das „Schnellläufer-Abitur“ dann für das Kippenberg beschlossen.

Trotz allem Optimismus sieht von der Heide auch schon schwierige Situationen vor sich. Der „Ehrgeiz“ der Eltern, die nach der Devise „Mein Kind schafft das“ vorgingen, könnte zu einem großen Problem werden, wenn das Kind eben diesem Druck in der Schule und von den Eltern nicht standhält, betont er. Von der Heide will auch die Grundschullehrer um eine Einschätzung der Kinder bitten: „Die meisten der erfahrenen Grundschullehrer können die Chancen des Kindes auf einem Gymnasium gut einschätzen.“

Für die „Quereinsteiger“, also Schüler, die nach einer „normalen“ Orientierungsstufe auf das AG wollen, wird es kaum eine Chance geben, noch in den Schnellläufer-Kurs zu kommen.

Was für einzelne sinnvoll ist, muss nicht für alle gut sein: Schulleiter von der Heide ist klar dagegen, dass „das Abitur nach zwölf Jahren für alle einführt wird.“ Siamak Tahmasian

Informationsabend für Eltern u.a. am Donnerstag, 1. Februar, 19.30 Uhr, Kleine Helle, Altes Gymnasium