Verdächtige Vergewaltiger bald wieder auf freiem Fuß?

■ Imbissvergewaltigung: Befangenheitsantrag gegen Richter / Klassische Verteidigung: Lügt die Frau?

Im Vergewaltigungsprozess vor dem Bremer Landgericht ließen die Anwälte zweier Angeklagter gestern keinen Zweifel an ihrer Verteidigungsstrategie. Sie folgt dem klassischen Muster: Das Opfer, eine zierliche und im Gerichtsaal sichtbar angespannte junge Frau, könnte doch etwas von den Angeklagten gewollt haben, als sie den Imbiss Torros am Sielwall um fünf Uhr früh an einem Sonntag im Juli vergangenen Jahres betrat. Mit dem Hinweis, sie hielten die als Nebenklägerin auftretende Zeugin für nicht glaubwürdig, beantragten die Anwälte ein Persönlichkeitsgutachten über die Frau. Die hatte noch am Mittag des selben Tages eine Mehrfachvergewaltigung angezeigt.

Den Antrag der Verteidigung auf ein Glaubwürdigkeitsgutachten lehnte das Gericht ab. Ebenso den, die Öffentlichkeit auszuschließen, sobald die Zeugin zur Tat aussagt. Damit folgte die Kammer dem Wunsch der Nebenklagevertreterin Karin Gattig. Die hatte geäußert, es gehe der Verteidigung vor allem darum, den Angeklagten öffentliche Peinlichkeiten zu ersparen. Schließlich habe die Verteidigung die Zeugin bislang nicht geschont.

Tatsächlich hatten die Verteidiger ihre Forderung nach einem Persönlichkeitsgutachten über die Frau nicht nur mit deren 1,5 Promille Alkohol im Blut begründet. Sie brachten auch vor, die Frau habe einer Freundin anfangs von einem Messer erzählt – und die habe das geglaubt. „Das zeugt doch von erheblicher Überzeugungskraft der Nebenklägerin auch in angetrunkenem Zustand“, zog der Verteidiger des 44-jährigen Nuretin K. die Aussagen der Frau in Zweifel. Protest von der Nebenklage: „Das hat sie nie der Polizei gesagt, nur der Freundin, vor der sie sich geschämt hat“ – weil die junge Frau, die lesbisch lebt, habe erklären wollen, wie es zur Vergewaltigung kommen konnte.

Auch weitere „Ungereimtheiten“ aus Sicht der Verteidigung wies Gattig zurück. So soll eine zierliche junge Frau mit kurzen dunklen Haaren einem Mann im selben Imbiss sexuelle Avancen gemacht haben. Das Opfer? „Sehen sie sich um. Hier im Saal sitzen mindestens zehn Frauen, auf die diese Beschreibung zutrifft.“ Für die Bewertung des Kerngeschehens – die Vergewaltigung im schmierigen Keller – sei das unwichtig.

Der Anklage zufolge handelt es sich bei der mehrfachen Vergewaltigung, in deren Zusammenhang ein dritter Verdächtiger noch gesucht wird, um eine besonders erniedrigende Tat. Die beiden Angeklagten sitzen seit knapp sechs Monaten in Untersuchungshaft. Dies aber könnte sich jetzt ändern. Falls das Oberlandesgericht einem Befangenheitsantrag der Verteidiger gegen den Richter zustimmt – und nicht schnell einen Ersatz findet, müssten die Tatverdächtigen freigelassen werden. Zum Befangenheitsantrag kam es, nachdem der Richter die Frau, die gestern als Zeugin gehört werden sollte, so ungeschickt belehrte, dass der Eindruck entstand, er habe keinen Zweifel daran, dass sie das Opfer und die Angeklagten schuldig seien. ede