Rio, Rente, Grünes Geld

Die Rentenreform macht es notwendig, Nachhaltigkeit stärker zu berücksichtigen. Wenn die dritte Säule der Rente die private Altersvorsorge ist, wird es auf den Kapitalmärkten zu großen Liquiditätsbewegungen kommen. Forderung: Mehr Transparenz

Dem hohen Anspruch der Agenda 21 von Rio wird man nur gerecht, wenn man auch die Finanzmärkte in eine nationale und internationale Nachhaltigkeitsstrategie einbezieht. Die Möglichkeiten dazu sind in Deutschland derzeit nicht schlecht: Das neue Verbraucher-Ministerium, die Diskussion um die riskanten „neuen Märkte“ und der Zuwachs von ethischem Investment gehen dabei Hand in Hand. Und die aktuelle Rentenreform erhöht die Notwendigkeit von mehr Nachhaltigkeit.

Sofern die dritte Säule der künftigen Rente, die private Altersvorsorge, wie geplant umgesetzt wird, kommt es auf den Kapitalmärkten zu großen Liquiditätsbewegungen. Hohe Renditen und Sicherheit versprechende Angebote werden – so wird befürchtet – für die Rente zur Orientierung am Shareholder-Value führen. Diese Ängste könnte der Gesetzgeber allerdings mindern.

In den letzten vier Monaten hat dazu die Bonner Stiftung Zukunftsfähigkeit ein Konzept vorgestellt, das im Kern eine jährliche Berichtspflicht in Sachen Nachhaltigkeit für Pensionsfonds und Lebensversicherungen vorsieht – eine Berichtspflicht darüber also, ob die in die private Alterssicherung einbezogenen Kapitalanlagen Kriterien der Nachhaltigkeit berücksichtigen und, wenn ja, welche.

Damit – so die Überlegung – wird langfristig die Nachfrage nach jenen Fonds und Unternehmen steigen, die Aspekte der Umwelt- und Sozialverträglichkeit ausdrücklich betonen. Und hier gibt es ja mittlerweile schon ein großes Angebot. Die Nischendiskussion um ethisches oder nachhaltiges Investment erweitert sich zu einem immer breiteren Diskurs, der zunehmend auch traditionelle Fonds erreicht. Nachhaltiges Investment, das spricht sich jetzt herum, bringt auch keine schlechteren Erträge als traditionelles.

Mit einer solchen für Deutschland von der Stiftung vorgeschlagenen Berichtspflicht macht man seit Anfang Juli 2000 in Großbritannien bereits Erfahrungen. Dort wurde allein schon durch die Ankündigung eine neue Dynamik hin zu nachhaltigeren Kapitalanlagen ausgelöst.

In einem weiteren Schritt muss ein Prozess der Begriffsklärung und Standardisierung sicherlich die Berichtspflicht ergänzen. Doch sobald regelmäßige Nachhaltigkeitsberichte der Fonds vorliegen, werden Rating-Firmen und Verbraucherverbände über Vergleiche für mehr Transparenz und Begriffsklärung sorgen. Fonds, die unter dem Label Nachhaltigkeit in Unternehmen investieren, die an Umweltfrevel und sozialen Missständen beteiligt sind, werden demgegenüber sehr schnell in die Kritik geraten. Ein Unternehmen, das berichtet, es tue gar nichts im Bereich Nachhaltigkeit, wird von den Verbrauchern und von den Fondsmanagern tendenziell eher gemieden. Es setzt also ein neuartiger Positionierungsprozess ein, der nicht nur die höchste Rendite für den Anleger im Blick hat.

Die Dritte Lesung für die Rentenreform im Deutschen Bundestag steht nun unmittelbar bevor. Die Aufnahme der Berichtspflicht in das Gesetz ist sehr wahrscheinlich, da diese Initiative inzwischen in einem Präsidiumsbeschluss und einem eigenen Vorschlag der Grünen aufgegriffen wurde und auch von wichtigen Teilen der SPD unterstützt wird. Reizvoll und letztlich auch überzeugend für das noch zögerliche Finanzministerium müsste sein, dass dieser Transparenzvorschlag im Rahmen der Rentenreform kein zusätzliches Geld kostet und auch schon existierende Vorschläge dadurch nicht komplizierter werden.

Fondsanbieter und Aktiengesellschaften haben übrigens bislang in aller Regel positiv auf diese Initiative reagiert.

Bei einer Entscheidung für eine private Säule der Altersvorsorge muss der Einzelne die Chance haben, sein Geld in Fonds zu geben, die nicht schon morgen den Job wegrationalisieren oder die Umwelt zerstören. Private Zukunftssicherung kann demzufolge die gesellschaftliche Zukunftsfähigkeit sinnvoll unterstützen. KLAUS MILKE

Der Autor ist Vorstandsvorsitzender der 1997 gegründeten Stiftung Zukunftsfähigkeit, die sich der Förderung der Nachhaltigkeitsdebatte verschrieben hat. Die Wurzeln liegen bei der Lobbyorganistion Germanwatch.