Zartgrüner Hermes

Wirtschaftsministerium will künftig Umweltkriterien für Bürgschaften bei Exportgeschäften. Grüne: Regeln zu allgemein, Transparenz zu gering

von BERNHARD PÖTTER

Die Vergabe von Hermes-Bürgschaften zur Absicherung von Exporten soll künftig grundsätzlich an ökologische und soziale Kriterien gekoppelt sein. Das geht aus dem Entwurf eines „Umweltleitfadens“ für die „Ausfuhrgewährleistungen der Bundesrepublik Deutschland“ hervor, der im Bundeswirtschaftsministerium erarbeitet wurde. Die Grünen begrüßten gestern den Leitfaden als ersten Schritt zu einer Hermes-Reform, wollen aber noch in vielen Punkten nachverhandeln.

Mit der Überarbeitung der Hermes-Bürgschaften löst die rot-grüne Koalition ein Versprechen aus der Koalitionsvereinbarung ein. Konkret sieht der Leitfaden vor, dass Projekte ab einem Volumen von 15 Millionen Mark und einem deutschen Anteil am Gesamtprojekt von mindestens 20 Prozent einem „Screening-Verfahren“ unterzogen werden. Zuerst wird geprüft, ob die Projekte den „typischen Anforderungen“ in ihrem Bereich (etwa Bergbau oder Energiewirtschaft) entsprechen. Auch bei kleineren Maßnahmen soll das gelten, falls Naturschutzgebiete oder „Siedlungsgebiete indigener Völker“ betroffen sind. Grundsätzlich nicht geprüft werden sollen kurzfristige Geschäfte wie die Lieferung von Konsumgütern, Verkehrsmitteln oder Telekommunikationsprojekte.

In einem „Review“-Verfahren soll dann der Exporteur weitere Informationen zu den Umweltauswirkungen bereitstellen. Die Umweltstandards sollen sich am Bestellerland orientieren, im Zweifel an internationalen Vorschriften. Die Anträge werden in drei Kategorien von A (starke ökologische und soziale Auswirkungen) bis C (keine Auswirkungen) eingestuft. Meldet der Bund bei einem Projekt Nachbesserungen aus Umweltsicht an, kann er eine Kreditzusage mit „besonderen Bedingungen zu Umweltaspekten verbinden“. Informationen über das Projekt, die von anderen Banken, den Botschaften, den Medien oder von Nichtregierungsorganisationen (NRO) kommen, sollen ebenfalls berücksichtigt werden. Eine offene Darstellung der Projekte nach außen wird es allerdings nicht geben. Dem stünden „straf- und verwaltungsrechtliche Vorschriften zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen entgegen“, heißt es.

Daran entzündet sich die Kritik der Grünen-Fraktion, die bereits seit Wochen mit der SPD-Fraktion und dem Wirtschaftsministerium über die Hermes-Reform debattiert. Angaben über Standort des Vorhabens, Größenordnung des Kredits und Umweltstudien müssten im Internet veröffentlicht werden. „Das berührt die Betriebsgeheimnisse nicht“, heißt es aus der Fraktion. Auch eine Prüfung erst ab einer Beteiligung von 20 Prozent sei nicht hinnehmbar. Umstrittene Projekte wie der chinesische Drei-Schluchten-Staudamm oder der Ilisu-Damm in der Türkei etwa fielen dann nicht unter diese Prüfung. Die meiste Kritik haben die Grünen daran, dass die Kriterien für die Prüfung zu unklar seien. „Das Verfahren muss klar sein, die Firmen müssen wissen, ob zum Beispiel Umweltprüfungen obligatorisch sind.“ Auch an eine Ausschlussliste denken die Grünen. Neue Atomanlagen und bestimmte chemische Stoffe sollen von vornherein von der Exporthilfe ausgenommen werden. Die Erlaubnis für Rüstungsexporte müsse in einer Hermes-Reform geregelt werden, habe aber in einem Umwelt-Leitfaden nichts zu suchen.