Der übergangene Vermittler

Karl Lehmann, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, bleibt weiter ohne Kardinalshut

von PHILIPP GESSLER

Der Bischof von Mainz und Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Lehmann, hat sich gefreut: „In echter Mitfreude“, so schrieb er an seinem Bischofskollegen Walter Kasper, habe er von dessen Kardinalsernennung gehört. In warmem Ton gratulierte Lehmann dazu, nun die zweithöchste Würde erhalten zu haben, die die katholische Kirche zu bieten hat – und eine entscheidende, was die Zukunft der weltweiten Gemeinschaft anbelangt. Denn 128 der 178 Kardinäle werden wohl bald den neuen Papst nach dem kranken und alten Johannes Paul II. wählen. Lehmann wird nicht dabei sein.

Das ist bitter, denn der 64-Jährige hat den Kardinalspurpur schon lange verdient, wie Kasper sagt. Lehmann gilt als einer der klügsten Köpfe im deutschen Katholizismus. Und in der Regel tragen Vorsitzende von großen Bischofskonferenzen einen Kardinalshut. Doch nach den Auseinandersetzungen über die Schwangerenkonfliktberatung im vorigen Jahr sei eine Ernennung nicht zu erwarten gewesen, erklärt Kasper zu Recht. Denn der Pole auf dem Papstthron, der Lehmann 1983 zum Bischof ernannt hatte, duldet eben keine Opposition unter den Nachfolgern der Apostel – und sei der Widerstand auch noch so moderat, gut begründet und vermittelnd, wie Lehmann ihn gewagt hat. Karol Wojtyła will keine liberalen Kardinäle, da er nur durch Konservative seinen Kurs der Kirche post mortem festschreiben kann: Nur zehn wahlberechtigte Kardinäle hat Johannes Paul II. nicht selbst bestimmt.

Dass Lehmann, der im Gespräch so offen, menschlich und gewinnend ist, wieder leer ausging, ist ein klarer Affront: Unter einem anderen Papst hätte er seinen schon früh begonnen Aufstieg locker mit der Kardinalswürde gekrönt: Lehmann, Sohn eines Dorfschullehrers, lernte an der vatikanischen Kaderschmiede „Gregoriana“ in Rom, war Assistent des Jahrhundert-Theologen Karl Rahner, erlebte mit ihm das Zweite Vatikanische Konzil (1962–65) und wurde schon mit 32 Jahren Professor für Dogmatik an der Universität Freiburg. Seit 1987 steht er der Bischofskonferenz vor – immer haben seine Amtsbrüder ihn wiedergewählt, zuletzt und demonstrativ 1999, als seine Vermittlung in Sachen Konfliktberatung beim Papst scheiterte.

Diese Niederlage hat ihn sichtlich mitgenommen – doch seitdem ist auch eine gewisse Gelassenheit um ihn: Er weiß, dass er unter Wojtyła nichts mehr wird. Es wäre nicht das erste Mal in der Geschichte der Kirche, dass ihre Stützen erst nach deren Tod erkannt werden.