stimme der kritik
: Betr.: 1973, ein deutsches Jahr

Rotlicht-Rote und Putzgruppen-Comandante Klementine

Bislang kannten wir a) die glorreichen 68er und b) die armen 78er. Das sind die mit der Strafe der späten Geburt, die nicht mal eine gescheiterte Revolution hinbekamen. Aber jetzt gibt es die 73er. Historisch versöhnlich genau in der Mitte. Eine große Generation.

1973 war das zentrale Jahr in diesem Land. Längst wissen wir: Prügelknabe Joschka hatte 73 sein helmmilitantes Coming-out. Ulla Schmidt, die neue Gesundheitsministerin, hatte unbestritten in nämlichem Jahr in einer Aachener Nachtbar gekellnerint. Eine Rotlicht-Rote – und los seiberte vor einer Woche die Springerpresse, weil in jener Bar leibhaftige Pornos gelaufen sein sollen und die Fantasie zur strippenden, gar umfassend dienenden 73er KBW-Maoistin Schmidt schnell entfacht war. Schweinkram! Leider fehlt Aachen eine Historikerin Bettina Röhl für die wirklich harten Fakten und Fotos.

Jetzt hat die Massenmordgeräteschmiede Rheinmetall zugegeben, in den 1973er-Jahren im Staatsauftrag Uranknaller getestet zu haben. Morgen wird in der Zeitung stehen, dass in Brokdorf und Biblis nach Anleitung von Loriots damaligem Bestseller „Wir baun uns ein Atomkraftwerk“ ein paar Test-GAUs ausgelöst wurden (weshalb an mehreren Sonntagen die Autobahnen damals so leer waren!). Werte LeserInnen, was haben Sie 73 gemacht? Na? Wären sie mal im richtigen Moment lebenslustig in Frankfurt gewesen, in Aachens Barbarina-Bar oder auf munter verseuchten Truppenübungsplätzen und Autobahnen.

Oder in Politikerkreisen. Wir wüssten längst, dass Roland Koch 1973 erstmals ein 100.000-Mark-Bündel anfassen dufte („boah!“). Dass dem Tunichtgut Friedrich Merz auf Sauerländer Moped der erste spontane Samenerguss kam („habe aber nicht inhaliert!“). Dass Angela Merkel („geil!“) als Panic Angie Baby die Prenzlauer Punkqueen war, während im Westen Putzgruppen unter Comandante Klementine („nicht nur sauber!“) sogar das Bundestagsgebäude gesäubert haben. Dass Scheinriese Schröder damals schon mächtige Schuheinlagen trug („Die müssen da rein!“), um über 1,70 Meter zu ragen.

Und Bettina Röhl? Die hatte, vorgeblich kinderlandverschickt, 1973 in der sizilianischen Grundschule längst die Führung der internationalen Jungmafia übernommen. Die gewissensgesteuerte Mutter war über ihr „Pate-Kind“ so entsetzt, dass sie als Terroristin Karriere machte und dann Hand an sich legte. Ja, die deutsche Geschichte muss schwer umgeschrieben werden. BERND MÜLLENDER