Kamphaus konfliktfrei

Bis Jahresende darf Bischof Franz Kamphaus weiter Beratungsscheine für Schwangere ausstellen lassen – doch scheint auch er den Ausstieg vorzubereiten

BERLIN taz ■ Franz Kamphaus ist noch im Amt. Allen Gerüchten zum Trotz hat der Limburger Bischof nun doch nicht die Mitra genommen, sondern sich mit der Kurie auf eine weitere Galgenfrist geeinigt.

Mit seinem Alleingang in der katholischen Schwangerenberatung war der Renegat für Rom zum ernsten Problem geworden. Gestern nun sah sich Kamphaus gezwungen, den Spekulationen um seine Person ein Ende zu bereiten. In einer zeitgleich in Rom und Limburg veröffentlichten Erklärung bestätigt er, dass es vor zwei Wochen in Rom ein Gespräch zwischen ihm, dem Präfekten der Glaubenskongregation, Kardinal Joseph Ratzinger, und dem Vorsitzenden der römischen Bischofskonferenz, Kardinal Giovanni Batista Re, gegeben hat. Auf Kamphaus’ Anregung hin, wie dieser betont.

Dabei dürfte ihm der päpstliche Gesandte gleichwohl deutlich zu verstehen gegeben haben, dass das Kirchenoberhaupt sein Verhalten nicht länger tolerieren will.

Im hessischen Bistum wird entgegen der päpstlichen Weisung weiter der für eine straffreie Abtreibung nötige Beratungsschein ausgestellt. Alle anderen Bischöfe waren nach dem Machtwort von Johannes Paul II. bis Ende vergangenen Jahres aus der staatlichen Schwangerenkonfliktberatung ausgestiegen.

Offenbar hat der Papst Kamphaus nun eine Frist von einem Jahr gesetzt, um seine Position zu korrigieren. Bis dahin scheint er bereit, die Scheinvergabe in Limburg zu dulden, wenn sich zeigen sollte, dass keine der betroffenen Frauen den Schein tatsächlich für eine Abtreibung nutze.

Er wolle, formuliert es Kamphaus, zunächst die Erfahrungen in anderen Bistümern abwarten und sie „in die dann zu treffenden Entscheidungen“ einbeziehen. Wie diese Entscheidungen ausfallen werden, scheint indes bereits jetzt klar: Die Qualität der Beratung solle so überzeugend gestaltet werden, sagt Kamphaus, dass Frauen auf die Ausstellung eines Beratungsscheins verzichteten. Im Klartext: Sie sollen sich gegen einen Abbruch entscheiden. Damit wäre die Beratung – wie in den anderen Bistümern – alles andere als ergebnisoffen. Genau das verlangt aber Paragraf 218.

„Das Bistum Limburg sieht sich mit allen deutschen Bistümern dem Auftrag des Papstes verpflichtet, die Beratung nachhaltig zugunsten eines eindeutigen und glaubwürdigen Zeugnisses für das Leben weiterzuentwickeln“, schreibt denn auch Kamphaus.

Letztlich bedeutet das den Einstieg in den Ausstieg aus dem gesetzlichen Beratungssystem. Man werde prüfen, wie das „gemeinsam erhoffte Ziel, die betroffenen Frauen unabhängig von der staatlichen Konfliktberatung zu erreichen, zu verwirklichen ist“, so Kamphaus.

Dabei wollte er mit seiner „Aktion Konfliktberatung“ bisher gerade den Verbleib katholischer Beratungsstellen im gesetzlichen System sichern. In der Erklärung klingt das nun weitaus zahmer: Es gehe darum, der Bitte des Papstes zu entsprechen und „die Präsenz der Kirche in der Beratung noch zu verstärken“. Keine Rede davon, dass Kamphaus mit seiner Weigerung die Weisung des Papstes missachtet hatte. Kamphaus will verhindern, dass der Konflikt weiter eskaliert. Schon war die Rede davon, dass ihm ein päpstlicher Koadjutor zur Seite gestellt wird, um das Bistum zu verwalten.

Um Schadensbegrenzung bemühte sich auch der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Karl Lehmann. Es habe sich gezeigt, so Lehmann, „dass der Wille zum Konsens auch bei schwierigen Fragen in der katholischen Kirche auf beiden Seiten größer ist, als viele sich vorstellen können, und zwar ohne Preisgabe wesentlicher gemeinsamer Grundsätze“. NICOLE MASCHLER